Einst als Krypto-«King» gepriesen, tauchen gegen Jungunternehmer Dadvan Yousuf immer mehr Ungereimtheiten auf. Am Workshop in Zug erzählt Stefanie Pauli von SRF Investigativ über ihre Recherche zum «King», wie sie vorgegangen ist und welche Hürden sie meistern musste. Ergänzt wird der Anlass mit einem Austausch über Quellen für die Recherche rund um Kryptowährungen, Briefkastenfirmen und Rohstoffhändler.
Datum: Donnerstag, 14. September 2023
Zeit: von 18 bis 19:30 Uhr, inkl. Apéro
Ort: in Zug im Freiruum, Saal Living Room(Zählerweg 5, 6300 Zug), 5min zu Fuss vom Bahnhof Zug
Anmeldung: kostenlos, aber obligatorisch mittels untenstehendem Formular (beschränkte Platzzahl!)
Es ist wieder so weit: Wir suchen Kandidatinnen und Kandidaten für unseren Goldenen Bremsklotz! Der Schmähpreis, den das Recherchenetzwerk investigativ.ch seit 2014 verleiht, zeichnet die grössten Informationsverhinderer aus. Ihr kennt es aus eurem Alltag: Pressestellen, PR-Berater und Behörden finden regelmässig einen Grund, warum es gerade nicht möglich sei zu informieren. Meist sind die Absagen freundlich. Manchmal wird schamlos gelogen. Und gelegentlich wird es total absurd. Dann folgt der Hinweis, dass die Bearbeitung dieses Einsichtsgesuches eine Gebührenrechnung von über 100’000 Franken zur Folge hätte. Reicht jetzt eure besten Kandidatinnen und Kandidaten ein – ein Mail mit einer kurzen Begründung an kontakt(at)investigativ.ch genügt.
Der Vorstand stellt daraus eine Shortlist zusammen, über welche ihr abstimmen könnt.
Im Herbst findet die Verleihung inkl. Podiumsdiskussion zum entsprechenden Thema sowie anschliessendem Apéro statt. Die Veranstaltung ist selbstverständlich kostenlos und soll auch unser Netzwerk stärken sowie Licht auf Hindernisse in unserem Arbeitsalltag werfen.
Spannende Diskussionen, lehrreiche Workshops und ein Austausch über die Redaktionsgrenzen hinweg: Am Freitag 9. Juni 2023 fand in Bern die grosse Jahreskonferenz von investigativ.ch statt. Dieses Jahr widmete sich das Recherche-Netzwerk dem Journalismus in politisch brisanten Zeiten.
2023 ist das Jahr der eidgenössischen Wahlen. Deshalb widmete das Recherche-Netzwerk investigativ.ch ihre diesjährige Jahreskonferenz dem Politjournalismus: Wie recherchieren Journalistinnen und Journalistinnen rund um Parlamente und Behörden? Wie schauen sie Politikerinnen und Politikern auf die Finger? Wie können sie eigene Akzente setzen und auch mit beschränkten Mitteln Scoops erzielen?
Trotz heissem Sommerwetter fanden sich rund 50 Gäste aus allen Ecken der Schweiz und den unterschiedlichsten Redaktionen zu diesem Anlass in Bern ein. „Wir sind hocherfreut zu sehen, dass in diesem Land so viele engagierte Recherchejournalisten und -journalistinnen daran arbeiten, Missstände aufzudecken“, so Co-Präsident Marc Meschenmoser.
Die aktuellen Themen Pandemie, Krieg, Inflation beschäftigen die Journalistinnen und Journalisten: „Wir leben in einer politisch brisanten Zeit. Jetzt ist guter Journalismus umso wichtiger, um der Politik auf die Finger zu schauen“, sagte SRF Rundschau-Moderatorin Franziska Ramser in ihrer Keynote.
In den anschliessenden Workshops erhielten die Teilnehmenden wertvolle Praxis-Tipps und Inputs zu Recherchemethoden. So erklärte etwa Martine Clerc von der RTS, wie sie die Steuer-Affäre von Valérie Dittli, der bis zu ihrer Wahl in Zug wohnhaften Waadtländer Regierungsrätin, aufgedeckt hatte – ein wichtiges Beispiel dafür, dass Medienschaffende das politische Personal genauer anschauen müssen.
Worauf es im lokalen Journalismus ankommt, zeigte der SRF-Bundeshausredaktor Matieu Klee, der mit seinen Recherchen für das «Regionaljournal Basel-Baselland» immer wieder über die Region hinaus für Aufsehen gesorgt hat.
Raphael Rohnervom St. Galler Tagblatt erklärte, wie er den HSG-Plagiatsskandal aufgedeckt hatte, der landesweit Schlagzeilen machte.
Ebenfalls spannend war auch das Panel mit zwei Kennerinnen der Schweizer Politszene: Sermîn Faki und Nicole Lamon zeigten auf, wer in Bundesbern die Fäden zieht– und wie Medienschaffende dazu recherchieren. Sermîn Faki ist Blick-Politikchefin und langjährige Bundeshausjournalistin, Nicole Lamon war früher ebenfalls Politjournalistin, wechselte ins Bundeshaus als Kommunikationschefin von Bundesrat Alain Berset und kehrte in den Journalismus zurück. Seit Anfang Juni ist sie Ressortleitein Schweiz bei Le Temps.
Abgerundet wurde der Anlass durch ein Networking-Apéro – und einen Überraschungsgast: Der Karikaturist Silvan Wegmann, bekannt als Swen, zeigte auf, wie Journalismus und Pressezeichnung voneinander profitieren. Und dass Satire gerade in politisch schwierigen Zeiten eine wichtige Funktion übernimmt.
Eva Hirschi, Geschäftsführerin von investigativ.ch, freut sich über das grosse Interesse an der Jahreskonferenz: „Wir stellen immer wieder fest, wie sehr der Austausch über die Redaktionsgrenzen hinweg geschätzt wird und freuen uns, wie gross die Bereitschaft ist, Wissen weiterzuvermitteln, so dass wir alle voneinander lernen können.“
Reden ist Silber. Recherchieren ist Gold. Journalismus in politisch brisanten Zeiten.
2023 ist das Jahr der eidgenössischen Wahlen. Deshalb widmen wir unsere Jahrestagung dem Politjournalismus: Wie recherchieren Journalistinnen und Journalistinnen rund um Parlamente und Behörden? Wie schauen sie Politikerinnen und Politikern auf die Finger? Und wie können sie eigene Akzente setzen und – auch mit beschränkten Mitteln – Scoops erzielen?
In Bern wartet ein Programm mit hochkarätigen Gästen, Workshops, Diskussionen und einem Networking-Apéro auf euch. Dabei sind: Franziska Ramser (Keynote), Nicole Lamon und Sermîn Faki (Bundeshausjournalismus), Martine Clerc («Fall Dittli»), Raphael Rohner (HSG-Plagiatsskandal) und Matieu Klee (Wie investigativer Lokaljournalismus gelingt).
Datum: Freitag, 9. Juni 2023
Ort: Saal «Kleine Bühne» im PROGR in Bern (6min vom Bahnhof; Waisenhausplatz 30, 3011 Bern)
Zeit: Mitgliederversammlung ab 13:15 Uhr, Jahreskonferenz von 14:15 Uhr bis 17:00 Uhr, anschliessend Apéro.
PROGRAMM
13h15
Mitgliederversammlung (ausschliesslich für Mitglieder)
14h00
Eintreffen
14h15
Keynote von Franziska Ramser (SRF Rundschau) Von Indiskretionen, Spindoctors und der Kraft der Geschäftsdatenbank: SRF Rundschau-Moderatorin Franziska Ramser über Tricks und Fallen in der Polit-Recherche – und warum es sie gerade im Wahljahr dringend braucht.
15h00-15h45
Workshops:
– Kleine Bühne: Die Affäre Dittli: Martine Clerc (RTS)auf Französisch Die Affäre Valérie Dittli war eine der grossen politischen Enthüllungen des letzten Jahres. Und ein hervorragendes Beispiel dafür, dass wir Medienschaffende das politische Personal genauer anschauen müssen. Eine der RTS-Journalistinnen, die diese Affäre aufgedeckt hat, erzählt, wie sie bei ihrer Recherche vorgegangen ist. Moderation: Eva Hirschi
– Stube: Wie investigativer Lokaljournalismus gelingt: Matieu Klee(SRF)auf Deutsch Die Recherchen von Matieu Klee für das «Regionaljournal Basel-Baselland» haben immer wieder über die Region hinaus für Aufsehen gesorgt – etwa rund um Missstände bei der Kontrollstelle für Schwarzarbeit. Als «Beobachter»-Redaktor engagierte sich Klee einst dafür, dass das traditionsreiche Magazin den investigativen Journalismus wieder pflegt. Im Workshop zeigt der Bundeshausredaktor, worauf es im lokalen Journalismus drauf ankommt. Moderation: Sven Altermatt
15h45-16h15
Kaffeepause
16h15-17h00
Workshops:
– Kleine Bühne: Schweizer Politjournalismus: Sermîn Faki (Blick) und Nicole Lamon (Le Matin Dimanche, zukünftig Le Temps)auf Deutsch und Französisch Wir diskutieren mit zwei Kennerinnen der Schweizer Politszene. Sermîn Faki und Nicole Lamon zeigen auf, wer in Bundesbern die Fäden zieht – und wie Medienschaffende dazu recherchieren. Sermîn Faki ist Blick-Politikchefin und langjährige Bundeshausjournalistin, Nicole Lamon war früher ebenfalls Politjournalistin, wechselte als EDI-Kommunikationschefin ins Bundeshaus und kehrte in den Journalismus zurück. Zurzeit ist sie stellvertretende Chefredaktorin bei Le Matin Dimanche, ab Juni wechselt sie zu Le Temps als Ressortleitein Schweiz. Moderation: Sven Altermatt und Eva Hirschi
– Stube: HSG-Plagiatsskandal: Raphael Rohner (St.Galler Tagblatt) auf Deutsch Raphael Rohner, Reporter beim St. Galler Tagblatt, deckte den HSG-Plagiatsskandal auf, der landesweit Schlagzeilen machte: An der Universität St. Gallen soll ein Professor und Co-Institutsleiter systematisch abgeschrieben haben. Und nicht nur das: Der Mann soll auch Dutzende Arbeiten seiner Studierenden in seinem Namen publiziert haben. Rohner zeigt auf, wie er dem Mann auf die Spur kam und auf welche Hürden er dabei stiess. Moderation: Fiona Endres
17h00
Schlussstrich & Apéro
ANMELDUNG
Die Anzahl Plätze für die Jahreskonferenz ist beschränkt. Bitte meldet euch rasch an.
Kosten: 25.- für Mitglieder, 50.- für Nicht-Mitglieder (bitte überweisen auf CH51 0900 0000 8506 3384 1).
Das BAKOM hat mit der Medienbranche einen nationalen Aktionsplan (NAP) zur Sicherheit von Medienschaffenden in der Schweiz erarbeitet. investigativ.ch war daran beteiligt.
Auch in der Schweiz gibt es Drohungen und Gewalt gegen Medienschaffende. Insbesondere im digitalen Raum erfahren viele Medienschaffende Anfeindungen bis hin zu Hassrede. Im Einklang mit einer Resolution des Europarats haben das BAKOM und die Medienbranche am 3. Mai 2023 – dem internationalen Tag der Pressefreiheit – einen Nationalen Aktionsplan für die Sicherheit von Medienschaffenden veröffentlicht.
Ziel des Aktionsplans ist es, das Thema Sicherheit von Medienschaffenden auf die öffentliche Agenda zu setzen, auf die Herausforderungen für Medienschaffende aufmerksam zu machen sowie die Gesellschaft und Politik für die zentrale Bedeutung der Medien für eine funktionierende Demokratie in der Schweiz zu sensibilisieren.
Der Aktionsplan fokussiert auf vier zentrale Anliegen der Medienschaffenden:
Bessere Anerkennung der Rolle und des Berufs der Medienschaffenden
Besserer Schutz vor Drohungen und Hassrede online
Besserer physischer Schutz
Besseres Verständnis über missbräuchlichen Gerichtsklagen gegen Medienschaffende (sog. „Strategic Lawsuits against Public Participation“, SLAPPs)
Der 25. Medienpreis Aargau/Solothurn zeichnet Raphael Karpf für seinen Artikel über den Fall Nathalie aus. Diese Recherche wurde durch den Recherche-Fonds von investigativ.ch unterstützt.
Der Medienpreis Aargau/Solothurn, der seit 1998 jedes Jahr Medienschaffende aus verschiedenen Kategorien des Lokaljournalismus auszeichnet, hat auch dieses Jahr einen Sonderpreis verliehen. Gewinner des «Spezialpreises der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung für eine herausragende Recherche» ist Raphael Karpf von der Solothurner Zeitung (CH Media).
Er gewann den Preis für seinen Beitrag zu einer Familiengeschichte und dem dazugehörenden Versagen der Medien. Es hat den sogenannten «Fall Nathalie» aufgearbeitet, in welcher ein Vater zu Unrecht beschuldigt wurde, seine Tochter rituell zu missbrauchen, und die Behörden zu Unrecht beschuldigt wurden, den Missbrauch zuzulassen. Der Artikel ist am 4. Juni 2022 in der Solothurner Zeitung erschienen. investigativ.ch gratuliert herzlich zu diesem Preis!
Sein Artikel wurde durch den Recherche-Fonds von investigativ.ch unterstützt. Der Verein investigativ.ch verwaltet für die Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung seit 2019 einen Recherche-Fonds. Die Jury – bestehend aus Mitgliedern des Vorstands und unabhängig von der Stiftung – prüft die Gesuche und spricht Geld. Neu können Medienschaffende auch ein Coaching mit einer Expertin oder einem Experten aus unserem Netzwerk beantragen.
Das Bankengesetz soll die Pressefreiheit nicht einschränken. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion nach der SuisseSecrets-Affäre angenommen.
Es kommt Bewegung ins Spiel: Die Berichterstattung über den Schweizer Finanzplatz soll weder durch Abschreckung noch durch strafrechtliche Sanktionen beeinträchtigt werden, sofern Journalistinnen und Journalisten in gutem Glauben vorgehen. So sieht es der Nationalrat, der in der Frühlingsession eine entsprechende Motion seiner Wirtschaftskommission mit 113 zu 78 Stimmen gut geheissen hat. Vertreterinnen und Vertreter von Mitte und SVP waren dagegen.
Auslöser dafür war die SuisseSecrets-Affäre, eine kollektive Recherche zu einem Credit-Suisse-Datenleck, an welcher über 160 Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt gearbeitet haben – mit Ausnahme der Schweiz. Schweizer Medienschaffende hatten nicht an der Recherche teilgenommen, da sie wegen Artikel 47 des Bankengesetzes bei der Veröffentlichung von geheimen Bankdokumenten ein Strafverfahren riskiert hätten – mit einer «Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe».
Laut Irene Khan, Uno-Berichterstatterin für Pressefreiheit, verletzt der Artikel im Bankengesetz Menschenrechte und die Pressefreiheit (s. unseren Blogbeitrag zu diesem Thema). «Das Bankengesetz in seiner aktuellen Form verhindert, dass Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz über kritische Ereignisse und Entwicklungen auf dem Finanzplatz berichten können», sagt Cathrin Caprez, Co-Präsidentin von investigativ.ch.
«Ausgerechnet bei diesem für die Schweiz enorm wichtigen Thema können die Medien ihre demokratie-politische Aufgabe nicht erfüllen, ohne dass ihnen strafrechtliche Konsequenzen drohen. Wohin das führen kann, zeigt das Beispiel SuisseSecrets, wie auch die aktuellsten Entwicklungen rund um die CS. Es braucht darum dringend eine Anpassung des Bankengesetzes!»
Das Recherche-Netzwerk investigativ.ch begrüsst deshalb die Annahme der Motion. Der Bundesrat unterstützte die Vorlage und ist bereit, zu prüfen, ob das Bankengesetz angepasst werden muss. Nun kommt das Geschäft in den Ständerat.
Wir sind daran, einmal mehr ein spannendes und hoffentlich lehrreiches Programm zusammenzustellen, mit hochkarätigen Gästen, Workshops, Diskussionen und einem Networking-Apéro! Tragt euch bereits das Datum in der Agenda ein, mehr Infos folgen bald.
Die geschwärzten Impfstoffverträge sind nur ein Beispiel für verhinderten Zugang zu Informationen des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Deshalb hat das Recherche-Netzwerk investigativ.ch der BAG-Direktorin Anne Lévy den Goldenen Bremsklotz verliehen.
Dass die Öffentlichkeit in schwierigen Pandemie-Zeiten exakte Informationen braucht, um den Behörden zu vertrauen, sollte in einem demokratischen Staat wie der Schweiz eine Selbstverständlichkeit sein. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) setzte aber auf das Gegenteil: Während der Corona-Pandemie ging es fahrig mit dem Öffentlichkeitsgesetz um, schwärzte in den zögerlich herausgegebenen Dokumenten lieber zu viel als zu wenig und orientierte sich nicht an einer vom Öffentlichkeitsbeauftragten und Gerichten formulierten, guten Umsetzungspraxis.
Deshalb hat das Schweizer Recherche-Netzwerk investigativ.ch BAG-Direktorin Anne Lévy den Goldenen Bremsklotz 2022 verliehen. «Immer wieder blitzten Investigativjournalistinnen und -journalisten beim BAG ab. Einige Medienschaffende warten seit über zwei Jahren auf entscheidende BAG-Dokumente zu Medikamentenpreisen», sagt Marc Meschenmoser, Co-Präsident von investigativ.ch.
Gerade die vom BAG grossflächig geschwärzten Impfstoffverträge haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Statt Transparenz zu schaffen, wie sie Medienschaffende, Parlamentarier und Parlamentarierinnen und Private eingefordert hatten, versorgte das BAG die Öffentlichkeit mit Seiten voller schwarzen Balken. Auch der Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger kritisierte die Art und Weise, wie das BAG die Transparenzbegehren von Medienschaffenden und eines Rechtsanwalts abfertigte.
Pauschal verwies das Amt auf Ausnahmebestimmungen im Gesetz und nahm sich nicht die Mühe, detaillierter darzulegen, inwiefern eine Offenlegung nachteilig sein und dem Gesetz widersprechen könnte. Zudem hatte die Bundesbehörde die betroffenen Unternehmen eineinhalb Jahre nach dem ersten Zugangsgesuch noch immer nicht angehört, so wie dies eigentlich vorgeschrieben wäre.
Zwei weitere Fälle zeigen das zwiespältige Verhältnis der Schweizer Gesundheitsbehörde mit der Öffentlichkeit: Im September 2021 bemühte sich das Konsumentenmagazin K-Tipp um Daten zum CO2-Gehalt in hundert vom Amt gemessenen Schulen. Neun Monate lang verweigerte das BAG den Zugang zu den schlechten Messergebnissen. Auch hier argumentierte das Amt mit einer (unzulässigen) Geheimhaltungsklausel, welche mit den Schulen abgeschlossen worden sei. Nachdem der K-Tipp die Arbeit des Amtes kritisiert hatte, erwog die Kommunikationsabteilung, die Publikation zu bestrafen, indem Anfragen der Zeitschrift «künftig weniger prioritär behandelt werden» – ein krasser Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot.
Ebenfalls die Rechercheredaktion von K-Tipp/saldo verlangte gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz die Herausgabe von Dokumenten über Preismodelle und Rückvergütungen von Medikamenten. In einer Schlichtungsverhandlung stützte der Öffentlichkeitsbeauftragte im Juli 2022 diese Argumentation. Er empfahl, die Preise bekannt zu geben. Nun will das Departement von Bundesrat Alain Berset eine Geheimhaltung von Preisverhandlungen ins Gesetz schreiben. Noch bevor das Parlament darüber diskutiert hat, verhindert das Gesundheitsamt den Zugang zu diesen wichtigen Dokumenten und zwingt Medienschaffende aus politischen Gründen in den für Medien und Verwaltung aufwändigen Rechtsweg.
«Dabei muss die Öffentlichkeit beispielsweise Medikamentenpreise und die Genehmigungspraxis des Bundesamts für Gesundheit nachvollziehen und kontrollieren können. Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass die Kosten im Gesundheitswesen transparent sein müssen», so Meschenmoser.
«Wir kritisieren die mangelnde Transparenz beim Bundesamt für Gesundheit und bedauern, dass die Direktorin Anne Lévy sich nicht bereiterklärte, den Bremsklotz persönlich entgegenzunehmen und sich unseren Fragen zu stellen», sagte Marc Meschenmoser anlässlich der Preisverleihung am 21. November in Zürich.
Der Goldene Bremsklotz wurde deshalb ohne die Anwesenheit der Preisträgerin verliehen. In ihrer Stellungnahme liess Anne Lévy verlauten: «Wir erachten die in Ihrem Schreiben erhobenen Kritikpunkte als klar nicht zutreffend. So verweisen wir Sie gerne darauf, dass das BAG jederzeit, dem gerade während der Pandemiezeit sehr verständlichen Interesse der Öffentlichkeit und der Medienschaffenden durch eine transparenzfreundliche Praxis nachkam.»
Seit 2014 verleiht das Recherche-Netzwerk investigativer Journalistinnen und Journalisten jedes Jahr einen Goldenen Bremsklotz als Schmähpreis an die grössten Informationsverhinderer. Mit dem Preis will investigativ.ch auf Informationsverhinderung hinweisen und zum Gegenstand der Debatte machen. Auch dieses Jahr hatte der Vorstand von investigativ.ch aus zahlreichen Vorschlägen drei Spitzenkandidaten ausgewählt. Auf die Shortlist geschafft haben es neben Anne Lévy auch der Direktor von Swisstransplant, Franz Immer, sowie der Schaffhauser Regierungsrat Walter Vogelsanger (detaillierte Nominierungen und Stellungsnahmen auf der Website). Die Mitglieder von investigativ.ch konnten anschliessend abstimmen, wer den Goldenen Bremsklotz 2022 verdient hatte.
Bisher erhalten haben die Auszeichnung der Ständerat Thomas Hefti, das Bundesamt für Landwirtschaft, der PR-Berater Sacha Wigdorovits, die damalige Nationalratspräsidentin Christa Markwalder, das Bundesstrafgericht, der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor, der Industrielle Jørgen Bodum sowie das Seco.
Die von investigativ.ch und Republik organisierte Veranstaltung zu Techjournalismus stiess auf grosses Interesse – und zeigt, dieses Thema nimmt rasant an Wichtigkeit zu.
Längst ist Techjournalismus kein Nischenthema mehr. Davon zeugte auch der gut gefüllte Saal oben im Käfigturm in der Bundeshauptstadt – das Polit-Forum Bern war nicht per Zufall als Location für die erste Swiss Tech Journalism Conference gewählt, denn was die von investigativ.ch und Republik organisierte Veranstaltung gleich zu Beginn zeigte: Techjournalismus hat sehr viel mit Politik zu tun.
Immer mehr digitalpolitische Sachgeschäfte dominieren beispielsweise die Agenda in Bundesbern – von eID über eVoting bis hin zur Covid-App. Adrienne Fichter – krankheitsbedingt via Zoom zugeschaltet – und Patrick Seemann (Republik/Blog «Das Netz Ist Politisch») gingen auf diesen Aspekt in ihrem gemeinsamen Einführungsreferat ein.
Blick hinter die (digitalen) Kulissen
Dass gerade bei der rasanten Entwicklung von digitalen Projekten auch die Medien als kritische Beobachter sehr gefragt sind, zeigte das anschliessende Werkstattgespräch mit der deutschen Journalistin Eva Wolfangel. Sie hatte in einer Artikelserie für DIE ZEIT die Luca-App – eine in Deutschland privat entwickelte Corona-Tracing-App – genauer angeschaut und Sicherheitslücken, Kommunikationstücken und fragwürdige Geschäftspraktiken der Macher aufgedeckt.
Für diese Recherche wurde sie mit dem Surveillance-Studies-Preis 2022 ausgezeichnet. Kürzlich erschien auch ihr Buch «Ein falscher Klick – Hackern auf der Spur: Warum der Cyberkrieg uns alle betrifft» mit spannenden (und realen!) Reportagen aus der Welt der Hacker.
Noch viel Potenzial in der Schweiz
Auch in der Schweiz gibt es viel Potenzial für investigative Techgeschichten, sagte der freie Journalist Mehdi Atmani aus Lausanne. Für die RTS hatte er in einer Dokserie die dunklen Seiten der Crypto AG aufgedeckt – noch bevor sie auch in der Deutschschweiz zum Thema wurden. Dass noch viele solcher Geschichten quasi brachliegen, nahm er als Anlass zum Aufruf an die Medienschaffenden, sich vom Thema Cybersicherheit nicht abschrecken zu lassen. Man müsse nicht programmieren können, um investigative Recherchen in der digitalen Welt anzugehen, sagte Mehdi Atmani.
Dem stimmte auch Hakan Tanriverdi vom Bayerischen Rundfunk zu. Er gab Einblick in seine Recherchen in der Welt der Hacker, denn spionieren diese Unternehmen oder Regierungen aus, dann hinterlassen sie fast immer auch digitale Spuren. Der deutsche Investigativjournalist zeigte Tricks und Tools, wie man den Betrügern auf die Schliche kommen kann. Auch er sagte: Programmieren muss man nicht können.
Dass Medienschaffende eine wichtige Kontrollfunktion bei neuen digitalen Projekten haben – seien es private oder staatliche Initiativen – liess auch Jens Kaessner durchblicken. Der stellvertretende Leiter Telecomrecht beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) sprach im Q & A mit Timo Grossenbacher von investigativ.ch über die Hintergründe von Digitalisierung, IT und Gesellschaft.
Vernetzung über die Redaktionsgrenzen hinweg
Das Recherche-Netzwerk investigativ.ch und das Online-Magazin Republik ziehen eine positive Bilanz der ersten Swiss Tech Journalism Conference. Das Interesse war gross – interessanterweise nicht nur von Seiten der Medienschaffenden, sondern auch von engagierten Informatikern und anderen Personen aus der IT-Branche. Die interessanten Diskussionen wurden beim anschliessenden Apéro weitergeführt.
Die durch Simultanübersetzung zweisprachig durchgeführte Veranstaltung wurde von der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung finanziell unterstützt. Timo Grossenbacher, Vorstandsmitglied von investigativ.ch und Leiter Automated Journalism bei Tamedia, führte durch den Abend.