Goldener Bremsklotz 2023: Die Nominierten!

Wer soll den Goldenen Bremsklotz 2023 für die grösste Informationsverhinderung des Jahres erhalten? Wie jedes Jahr hat der Vorstand von investigativ.ch aus euren zahlreichen Vorschlägen drei Spitzenkandidaten ausgewählt.

  • Der geheime CS-Deal: Finanzministerin Karin Keller-Sutter
  • Die untransparenten Preise: Migros
  • Die verweigerten Stellungnahmen: Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr

Abstimmen können alle Mitglieder von investigativ.ch. Sie haben ein entsprechendes Mail erhalten.

Der geheime CS-Deal

Obwohl die Öffentlichkeit beim Zusammenbruch der Credit Suisse und der anschliessenden Übernahme durch die UBS mit 209 Milliarden Franken haftete, wird ihr der Zugang zu relevanten Informationen verwehrt. Der Bundesrat – an vorderster Front die federführende Finanzministerin Karin Keller-Sutter – hat gestützt auf eine Notverordnung gehandelt und viele Aspekte des Falls zur Geheimsache erklärt. Informationen, vor allem bezüglich Liquiditätshilfen und Ausfallgarantien, werden geheim gehalten. Medienschaffende blitzten mit ihren Anfragen zum Krisenfall reihenweise ab. Dieses Vorgehen ist staatspolitisch bedenklich. Es ist unverständlich, weil das Öffentlichkeitsgesetz ausreichende Schutzmechanismen auch für diese ausserordentliche Situation geboten hätte. Eine solche Geheimhaltungspolitik gefährdet das Vertrauen in die Regierung, insbesondere in einer Zeit, in der Vertrauen eine Schlüsselrolle spielt. In dieser Krise wäre maximale Transparenz erforderlich gewesen.

Die Antwort der Finanzdirektorin:

Das EFD verzichtet auf eine Stellungnahme und weist darauf hin, dass die von investigativ.ch kritisierten Entscheide vom Gesamtbundesrat gefällt worden sind.  

Ausführliche Nomination

Die untransparenten Preise

Die Rechtsabteilung des grössten Schweizer Einzelhändlers hat versucht, die Veröffentlichung seiner Margen für Bio-Produkte zu verhindern. Nicht nur die Arbeit der Medien, auch die Arbeit des Preisüberwachers Stefan Meierhans hat die Migros dadurch behindert. Indem sie Berichte von Medien über die hohen Margen der Migros diskreditierte, jedoch keine Transparenz walten liess, um das Gegenteil zu beweisen. Und indem sie die Veröffentlichung des Berichts des Preisüberwachers nicht nur verzögerte, sondern auch erreichte, dass der Preisüberwacher zahlreiche Anpassungen vornahm – mit Anträgen weit über allfällige Geschäftsgeheimnisse hinaus.  

Die Antwort der Migros:

Wir waren gegenüber dem Preisüberwacher sehr transparent und haben ihm umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung gestellt. Auch haben wir keinerlei Druck auf ihn ausgeübt – dazu haben wir auch gar keine Handhabe. Trotz umfangreicher Untersuchung konnte der Preisüberwacher in seinem Bericht nicht belegen, dass die Migros höhere Margen berechnet. Die Gewinnmargen des Detailhandels und damit auch der Migros sind ausgesprochen dünn. 2022 lag jene der Migros-Gruppe gerade mal bei 1.5%. Ein grosser Teil der Teuerung hat die Migros selber getragen. Darüber hinaus hat die Migros kein Interesse, möglichst viel Gewinn zu erzielen: So bezahlen wir keine Boni und müssen keine Investoren zufriedenstellen.

Ausführliche Nomination & Stellungnahme Migros

Die verweigerten Stellungnahmen

Mario Fehr, Vorsteher der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, lässt in seiner Kommunikation Willkür walten. Er investiert viel Zeit in Gespräche mit Medienleuten und ermutigt sie enthusiastisch, in seinem Sinne zu berichten. Manchmal ruft er sogar von sich aus Redaktionen an, um sich zu vergewissern, dass die laufende Recherche seinen Vorstellungen entspricht. Bei unliebsamer Berichterstattung hingegen verweigert er die Stellungnahme und Auskunft gänzlich. Die dokumentierten Beispiele sind vielfältig: kritische Fragen zum Hooligan-Konkordat, zum abgesagtes Rosengarten-Fest, Recherchen zu Asylunterkünften in Lilienberg und der Zürcher Polizeikaserne. Die Sicherheitsdirektion mit ihrer Medienstelle ist als öffentliches Amt mit Steuergeldern finanziert – reagiert diese bei kritischen Fragen geharnischt, gibt willkürlich Auskunft und will Redaktionen beeinflussen, agiert sie undemokratisch und transparenzfeindlich.

Die Antwort von Mario Fehr: Mario Fehr hat nicht geantwortet.

Ausführliche Nomination

investigativ.ch unterstützt «das Geld + die Politik»

Ab diesem Oktober müssen nationale Parteien, Nationalratskandidat:innen sowie nationale Abstimmungskomitees ihre Finanzen (teilweise) offenlegen – ein Meilenstein in Sachen Politiktransparenz.

Die von der Eidgenössischen Finanzkommission veröffentlichten Finanzierungsdaten sind ohne Aufbereitung und Hintergrundrecherche jedoch nur schwer interpretierbar. «das Geld + die Politik» greift hier ein. Wir nehmen die Budgets und Abrechnungen der politischen Akteur:innen, bereiten sie auf, machen sie einfach durchsuchbar und geben ihnen den nötigen Kontext.

«das Geld + die Politik» wird eine kostenlose Datenbank, für alle Nutzer:innen frei zugänglich. Damit wir diese Vision von Transparenz verwirklichen können, brauchen wir Unterstützung. Genauer gesagt: Es fehlen uns noch 15’000 Franken, um das Online-Tool zu bauen und Licht ins Dunkel der Schweizer Politikfinanzierung zu bringen.

Hier kannst du das Crowdfunding unterstützen.


«Das Geld und die Politik» ist eine Kooperation vom WAV Recherchekollektiv, Lobbywatch, Opendata.ch und investigativ.ch. Das Projekt wird unterstützt von der Stiftung Mercator Schweiz.

investigativ.ch wehrt sich gegen geheime Medikamentenpreise

Gemeinsam mit einer breiten Allianz von Medienverbänden und -organisationen wehrt sich investigativ.ch gegen die geplante Schwächung des Öffentlichkeitsprinzips und der Transparenz der Verwaltung im Rahmen des Krankenversicherungsgesetzes.

Der Bundesrat will in der laufenden Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) in Artikel 52c das Öffentlichkeitsprinzip teils ausser Kraft setzen und die Transparenz schwächen. Konkret soll das Öffentlichkeitsgesetz nicht mehr gelten, wenn es um die Vereinbarung von Preismodellen und allfälligen Rückerstattungen geht.

Wirtschaftliche Interessen sind bereits geschützt

Eine breite Allianz von Medienverbänden und -organisationen (Öffentlichkeitsgesetz.ch, investigativ.ch, Verband Schweizer Medien, SRG SSR, TELESUISSE, Medien mit Zukunft, Reporter ohne Grenzen, Syndicom, SSM, MAZ) setzt sich für Transparenz und gegen diese Ausnahmebestimmung ein. Eine solche Ausnahmebestimmung untergräbt die Absicht des Öffentlichkeitsgesetzes (BGÖ), die Transparenz in der Verwaltung zu fördern und stellt einen nach jahrelangen Diskussionen erzielten politischen Konsens in Frage. Schaffen Bundesrat und Parlament hier einen Präzedenzfall, besteht die Gefahr, dass das BGÖ künftig von verschiedenen Interessengruppen angegriffen und schrittweise abgebaut wird.

In sorgfältig definierten Ausnahmekategorien, insbesondere in sicherheitspolitisch heiklen Bereichen, ist das Öffentlichkeitsgesetz heute nicht anwendbar. Keine der Ausnahmen betrifft gesundheitspolitische Themen. Eine Neuregelung würde der etablierten Rechtspraxis auf nationaler Ebene sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte widersprechen. Wirtschaftliche Interessen wie das Geschäftsgeheimnis sind im aktuellen Gesetz ausreichend geschützt.

Transparenz und öffentliche Kontrolle sind grundlegend für das Vertrauen

Angesichts der aktuellen Debatte um das Gesundheitssystem und seine wenig transparenten Kosten würde die Ausnahme der Medikamentenpreise vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes das öffentliche Misstrauen gegenüber dem Gesundheitssystem, der Pharmabranche und der Verwaltung verstärken. Nur mit Transparenz kann das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden gestärkt werden.

Das Öffentlichkeitsgesetz des Bundes ist ein wichtiges Recherchemittel für Medienschaffende, da es ihnen erlaubt, mit offiziellen Dokumenten Informationen zu verifizieren und Fakten zu publizieren. Seit 2016 hat sich die Zahl der journalistischen Beiträge, die mit einem Öffentlichkeitsgesetz des Bundes oder eines Kantons realisiert wurden, verfünffacht. Dabei wurden auch wichtige Dysfunktionen der Verwaltung aufgedeckt, wie beispielsweise die Korruptionsaffäre im Seco, Fehleinschätzungen der Corona-Taskforce zu Beginn der Pandemie im Februar 2020, die Hintergründe der Privatisierung der E-ID oder Mängel beim Sicherheitsfunknetz Polycom.

Zu unserem ausführlichen Argumentarium

Nachtrag: Nationalrat für Geheimhaltung
In der Herbstsession sprach sich der Nationalrat im Grundsatz für vertrauliche Preismodelle für hochpreisige Medikamente aus. Ein Minderheitsantrag hatte die Aufhebung von Art. 52 c gefordert, welche eine Einschränkung des Öffentlichkeitsprinzips vorsieht. Dieser Antrag wurde allerdings mit 110 gegen 78 Stimmen abgelehnt. Einen Kompromiss gab es aber: Eine unabhängige Stelle soll öffentlich über die Umsetzung der vertraulichen Preismodelle Bericht erstatten, um deren Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen, während einzelne Rückerstattungen vertraulich bleiben können. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.

Workshop in Zug: Recherchen zu Kryptowährungen und Briefkastenfirmen

Einst als Krypto-«King» gepriesen, tauchen gegen Jungunternehmer Dadvan Yousuf immer mehr Ungereimtheiten auf. Am Workshop in Zug erzählt Stefanie Pauli von SRF Investigativ über ihre Recherche zum «King», wie sie vorgegangen ist und welche Hürden sie meistern musste. Ergänzt wird der Anlass mit einem Austausch über Quellen für die Recherche rund um Kryptowährungen, Briefkastenfirmen und Rohstoffhändler.

Datum: Donnerstag, 14. September 2023

Zeit: von 18 bis 19:30 Uhr, inkl. Apéro

Ort: in Zug im Freiruum, Saal Living Room (Zählerweg 5, 6300 Zug), 5min zu Fuss vom Bahnhof Zug

Anmeldung: kostenlos, aber obligatorisch mittels untenstehendem Formular (beschränkte Platzzahl!)

Anmeldung Workshop in Zug
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Wir suchen KandidatInnen für den Goldenen Bremsklotz 2023

Es ist wieder so weit: Wir suchen Kandidatinnen und Kandidaten für unseren Goldenen Bremsklotz! Der Schmähpreis, den das Recherchenetzwerk investigativ.ch seit 2014 verleiht, zeichnet die grössten Informationsverhinderer aus. Ihr kennt es aus eurem Alltag: Pressestellen, PR-Berater und Behörden finden regelmässig einen Grund, warum es gerade nicht möglich sei zu informieren. Meist sind die Absagen freundlich. Manchmal wird schamlos gelogen. Und gelegentlich wird es total absurd. Dann folgt der Hinweis, dass die Bearbeitung dieses Einsichtsgesuches eine Gebührenrechnung von über 100’000 Franken zur Folge hätte. Reicht jetzt eure besten Kandidatinnen und Kandidaten ein – ein Mail mit einer kurzen Begründung an kontakt(at)investigativ.ch genügt.

Der Vorstand stellt daraus eine Shortlist zusammen, über welche ihr abstimmen könnt.

Im Herbst findet die Verleihung inkl. Podiumsdiskussion zum entsprechenden Thema sowie anschliessendem Apéro statt. Die Veranstaltung ist selbstverständlich kostenlos und soll auch unser Netzwerk stärken sowie Licht auf Hindernisse in unserem Arbeitsalltag werfen.

Wir freuen uns auf eure Nominationen!

Rückblick auf die Jahreskonferenz 2023

Spannende Diskussionen, lehrreiche Workshops und ein Austausch über die Redaktionsgrenzen hinweg: Am Freitag 9. Juni 2023 fand in Bern die grosse Jahreskonferenz von investigativ.ch statt. Dieses Jahr widmete sich das Recherche-Netzwerk dem Journalismus in politisch brisanten Zeiten.

Fotos: Ⓒ Raphael Hünerfauth

2023 ist das Jahr der eidgenössischen Wahlen. Deshalb widmete das Recherche-Netzwerk investigativ.ch ihre diesjährige Jahreskonferenz dem Politjournalismus: Wie recherchieren Journalistinnen und Journalistinnen rund um Parlamente und Behörden? Wie schauen sie Politikerinnen und Politikern auf die Finger? Wie können sie eigene Akzente setzen und auch mit beschränkten Mitteln Scoops erzielen?

Trotz heissem Sommerwetter fanden sich rund 50 Gäste aus allen Ecken der Schweiz und den unterschiedlichsten Redaktionen zu diesem Anlass in Bern ein. „Wir sind hocherfreut zu sehen, dass in diesem Land so viele engagierte Recherchejournalisten und -journalistinnen daran arbeiten, Missstände aufzudecken“, so Co-Präsident Marc Meschenmoser.

Die aktuellen Themen Pandemie, Krieg, Inflation beschäftigen die Journalistinnen und Journalisten: „Wir leben in einer politisch brisanten Zeit. Jetzt ist guter Journalismus umso wichtiger, um der Politik auf die Finger zu schauen“, sagte SRF Rundschau-Moderatorin Franziska Ramser in ihrer Keynote.

In den anschliessenden Workshops erhielten die Teilnehmenden wertvolle Praxis-Tipps und Inputs zu Recherchemethoden. So erklärte etwa Martine Clerc von der RTS, wie sie die Steuer-Affäre von Valérie Dittli, der bis zu ihrer Wahl in Zug wohnhaften Waadtländer Regierungsrätin, aufgedeckt hatte – ein wichtiges Beispiel dafür, dass Medienschaffende das politische Personal genauer anschauen müssen.

Worauf es im lokalen Journalismus ankommt, zeigte der SRF-Bundeshausredaktor Matieu Klee, der mit seinen Recherchen für das «Regionaljournal Basel-Baselland» immer wieder über die Region hinaus für Aufsehen gesorgt hat.

Raphael Rohner vom St. Galler Tagblatt erklärte, wie er den HSG-Plagiatsskandal aufgedeckt hatte, der landesweit Schlagzeilen machte.

Ebenfalls spannend war auch das Panel mit zwei Kennerinnen der Schweizer Politszene: Sermîn Faki und Nicole Lamon zeigten auf, wer in Bundesbern die Fäden zieht – und wie Medienschaffende dazu recherchieren. Sermîn Faki ist Blick-Politikchefin und langjährige Bundeshausjournalistin, Nicole Lamon war früher ebenfalls Politjournalistin, wechselte ins Bundeshaus als Kommunikationschefin von Bundesrat Alain Berset und kehrte in den Journalismus zurück. Seit Anfang Juni ist sie Ressortleitein Schweiz bei Le Temps.

Abgerundet wurde der Anlass durch ein Networking-Apéro – und einen Überraschungsgast: Der Karikaturist Silvan Wegmann, bekannt als Swen, zeigte auf, wie Journalismus und Pressezeichnung voneinander profitieren. Und dass Satire gerade in politisch schwierigen Zeiten eine wichtige Funktion übernimmt.

Eva Hirschi, Geschäftsführerin von investigativ.ch, freut sich über das grosse Interesse an der Jahreskonferenz: „Wir stellen immer wieder fest, wie sehr der Austausch über die Redaktionsgrenzen hinweg geschätzt wird und freuen uns, wie gross die Bereitschaft ist, Wissen weiterzuvermitteln, so dass wir alle voneinander lernen können.“

Einladung zu unserer Jahreskonferenz 2023

Reden ist Silber. Recherchieren ist Gold. Journalismus in politisch brisanten Zeiten.

2023 ist das Jahr der eidgenössischen Wahlen. Deshalb widmen wir unsere Jahrestagung dem Politjournalismus: Wie recherchieren Journalistinnen und Journalistinnen rund um Parlamente und Behörden? Wie schauen sie Politikerinnen und Politikern auf die Finger? Und wie können sie eigene Akzente setzen und – auch mit beschränkten Mitteln – Scoops erzielen?

In Bern wartet ein Programm mit hochkarätigen Gästen, Workshops, Diskussionen und einem Networking-Apéro auf euch. Dabei sind: Franziska Ramser (Keynote), Nicole Lamon und Sermîn Faki (Bundeshausjournalismus), Martine Clerc («Fall Dittli»), Raphael Rohner (HSG-Plagiatsskandal) und Matieu Klee (Wie investigativer Lokaljournalismus gelingt).

Datum: Freitag, 9. Juni 2023

Ort: Saal «Kleine Bühne» im PROGR in Bern (6min vom Bahnhof; Waisenhausplatz 30, 3011 Bern)

Zeit: Mitgliederversammlung ab 13:15 Uhr, Jahreskonferenz von 14:15 Uhr bis 17:00 Uhr, anschliessend Apéro.

PROGRAMM

13h15Mitgliederversammlung (ausschliesslich für Mitglieder)
14h00Eintreffen
14h15Keynote von Franziska Ramser (SRF Rundschau)
Von Indiskretionen, Spindoctors und der Kraft der Geschäftsdatenbank: SRF Rundschau-Moderatorin Franziska Ramser über Tricks und Fallen in der Polit-Recherche – und warum es sie gerade im Wahljahr dringend braucht.
15h00-15h45Workshops:

– Kleine BühneDie Affäre Dittli: Martine Clerc (RTS) auf Französisch
Die Affäre Valérie Dittli war eine der grossen politischen Enthüllungen des letzten Jahres. Und ein hervorragendes Beispiel dafür, dass wir Medienschaffende das politische Personal genauer anschauen müssen. Eine der RTS-Journalistinnen, die diese Affäre aufgedeckt hat, erzählt, wie sie bei ihrer Recherche vorgegangen ist. Moderation: Eva Hirschi

– StubeWie investigativer Lokaljournalismus gelingt: Matieu Klee (SRF) auf Deutsch
Die Recherchen von Matieu Klee für das «Regionaljournal Basel-Baselland» haben immer wieder über die Region hinaus für Aufsehen gesorgt – etwa rund um Missstände bei der Kontrollstelle für Schwarzarbeit. Als «Beobachter»-Redaktor engagierte sich Klee einst dafür, dass das traditionsreiche Magazin den investigativen Journalismus wieder pflegt. Im Workshop zeigt der Bundeshausredaktor, worauf es im lokalen Journalismus drauf ankommt. Moderation: Sven Altermatt
15h45-16h15Kaffeepause
16h15-17h00Workshops:

– Kleine BühneSchweizer Politjournalismus: Sermîn Faki (Blick) und Nicole Lamon (Le Matin Dimanche, zukünftig Le Temps) auf Deutsch und Französisch
Wir diskutieren mit zwei Kennerinnen der Schweizer Politszene. Sermîn Faki und Nicole Lamon zeigen auf, wer in Bundesbern die Fäden zieht – und wie Medienschaffende dazu recherchieren. Sermîn Faki ist Blick-Politikchefin und langjährige Bundeshausjournalistin, Nicole Lamon war früher ebenfalls Politjournalistin, wechselte als EDI-Kommunikationschefin ins Bundeshaus und kehrte in den Journalismus zurück. Zurzeit ist sie stellvertretende Chefredaktorin bei Le Matin Dimanche, ab Juni wechselt sie zu Le Temps als Ressortleitein Schweiz. Moderation: Sven Altermatt und Eva Hirschi

– StubeHSG-Plagiatsskandal: Raphael Rohner (St.Galler Tagblatt) auf Deutsch
Raphael Rohner, Reporter beim St. Galler Tagblatt, deckte den HSG-Plagiatsskandal auf, der landesweit Schlagzeilen machte: An der Universität St. Gallen soll ein Professor und Co-Institutsleiter systematisch abgeschrieben haben. Und nicht nur das: Der Mann soll auch Dutzende Arbeiten seiner Studierenden in seinem Namen publiziert haben. Rohner zeigt auf, wie er dem Mann auf die Spur kam und auf welche Hürden er dabei stiess. Moderation: Fiona Endres
17h00Schlussstrich & Apéro

 ANMELDUNG

Die Anzahl Plätze für die Jahreskonferenz ist beschränkt. Bitte meldet euch rasch an.

Kosten: 25.- für Mitglieder, 50.- für Nicht-Mitglieder (bitte überweisen auf CH51 0900 0000 8506 3384 1).

MV & Jahreskonferenz 2023
Sprache / Langue
Ich nehme teil... / Je participe...
Ich nehme am anschliessenden Apéro (um 17 Uhr) teil. / Je participe à l'apéritif (à 17h).
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Nationaler Aktionsplan für die Sicherheit von Medienschaffenden

Das BAKOM hat mit der Medienbranche einen nationalen Aktionsplan (NAP) zur Sicherheit von Medienschaffenden in der Schweiz erarbeitet. investigativ.ch war daran beteiligt.

Auch in der Schweiz gibt es Drohungen und Gewalt gegen Medienschaffende. Insbesondere im digitalen Raum erfahren viele Medienschaffende Anfeindungen bis hin zu Hassrede. Im Einklang mit einer Resolution des Europarats haben das BAKOM und die Medienbranche am 3. Mai 2023 – dem internationalen Tag der Pressefreiheit – einen Nationalen Aktionsplan für die Sicherheit von Medienschaffenden veröffentlicht.

Ziel des Aktionsplans ist es, das Thema Sicherheit von Medienschaffenden auf die öffentliche Agenda zu setzen, auf die Herausforderungen für Medienschaffende aufmerksam zu machen sowie die Gesellschaft und Politik für die zentrale Bedeutung der Medien für eine funktionierende Demokratie in der Schweiz zu sensibilisieren.

Der Aktionsplan fokussiert auf vier zentrale Anliegen der Medienschaffenden:

  • Bessere Anerkennung der Rolle und des Berufs der Medienschaffenden
  • Besserer Schutz vor Drohungen und Hassrede online 
  • Besserer physischer Schutz
  • Besseres Verständnis über missbräuchlichen Gerichtsklagen gegen Medienschaffende (sog. „Strategic Lawsuits against Public Participation“, SLAPPs)

Mehr Informationen hier.

Medienpreis für investigative Recherche von Raphael Karpf

Der 25. Medienpreis Aargau/Solothurn zeichnet Raphael Karpf für seinen Artikel über den Fall Nathalie aus. Diese Recherche wurde durch den Recherche-Fonds von investigativ.ch unterstützt.

Der Medienpreis Aargau/Solothurn, der seit 1998 jedes Jahr Medienschaffende aus verschiedenen Kategorien des Lokaljournalismus auszeichnet, hat auch dieses Jahr einen Sonderpreis verliehen. Gewinner des «Spezialpreises der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung für eine herausragende Recherche» ist Raphael Karpf von der Solothurner Zeitung (CH Media).

Er gewann den Preis für seinen Beitrag zu einer Familiengeschichte und dem dazugehörenden Versagen der Medien. Es hat den sogenannten «Fall Nathalie» aufgearbeitet, in welcher ein Vater zu Unrecht beschuldigt wurde, seine Tochter rituell zu missbrauchen, und die Behörden zu Unrecht beschuldigt wurden, den Missbrauch zuzulassen. Der Artikel ist am 4. Juni 2022 in der Solothurner Zeitung erschienen. investigativ.ch gratuliert herzlich zu diesem Preis!

Sein Artikel wurde durch den Recherche-Fonds von investigativ.ch unterstützt. Der Verein investigativ.ch verwaltet für die Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung seit 2019 einen Recherche-Fonds. Die Jury – bestehend aus Mitgliedern des Vorstands und unabhängig von der Stiftung – prüft die Gesuche und spricht Geld. Neu können Medienschaffende auch ein Coaching mit einer Expertin oder einem Experten aus unserem Netzwerk beantragen.

Bild: Bruno Kissling/Solothurner Zeitung

Nationalrat will Pressefreiheit im Bankengesetz schützen

Das Bankengesetz soll die Pressefreiheit nicht einschränken. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion nach der SuisseSecrets-Affäre angenommen.

Es kommt Bewegung ins Spiel: Die Berichterstattung über den Schweizer Finanzplatz soll weder durch Abschreckung noch durch strafrechtliche Sanktionen beeinträchtigt werden, sofern Journalistinnen und Journalisten in gutem Glauben vorgehen. So sieht es der Nationalrat, der in der Frühlingsession eine entsprechende Motion seiner Wirtschaftskommission mit 113 zu 78 Stimmen gut geheissen hat. Vertreterinnen und Vertreter von Mitte und SVP waren dagegen.

Auslöser dafür war die SuisseSecrets-Affäre, eine kollektive Recherche zu einem Credit-Suisse-Datenleck, an welcher über 160 Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt gearbeitet haben – mit Ausnahme der Schweiz. Schweizer Medienschaffende hatten nicht an der Recherche teilgenommen, da sie wegen Artikel 47 des Bankengesetzes bei der Veröffentlichung von geheimen Bankdokumenten ein Strafverfahren riskiert hätten – mit einer «Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe».

Laut Irene Khan, Uno-Berichterstatterin für Pressefreiheit, verletzt der Artikel im Bankengesetz Menschenrechte und die Pressefreiheit (s. unseren Blogbeitrag zu diesem Thema). «Das Bankengesetz in seiner aktuellen Form verhindert, dass Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz über kritische Ereignisse und Entwicklungen auf dem Finanzplatz berichten können», sagt Cathrin Caprez, Co-Präsidentin von investigativ.ch.

«Ausgerechnet bei diesem für die Schweiz enorm wichtigen Thema können die Medien ihre demokratie-politische Aufgabe nicht erfüllen, ohne dass ihnen strafrechtliche Konsequenzen drohen. Wohin das führen kann, zeigt das Beispiel SuisseSecrets, wie auch die aktuellsten Entwicklungen rund um die CS. Es braucht darum dringend eine Anpassung des Bankengesetzes!»

Das Recherche-Netzwerk investigativ.ch begrüsst deshalb die Annahme der Motion. Der Bundesrat unterstützte die Vorlage und ist bereit, zu prüfen, ob das Bankengesetz angepasst werden muss. Nun kommt das Geschäft in den Ständerat.