Artikel 47 im Bankengesetz gehört geändert!
Noch immer riskieren Medienschaffende strafrechtliche Konsequenzen, wenn sie über geleakte Bankdaten berichten. Das schreckt inzwischen auch ausländische Journalistinnen und Journalisten ab – sie meiden deshalb eine Einreise in die Schweiz. investigativ.ch fordert eine dringende Anpassung des Gesetzes.
«Ich habe beschlossen, nicht mehr in die Schweiz zu reisen», sagt Antonio Baquero, Europa-Koordinator der Investigativ-Plattform OCCRP. Er war 2022 an der Recherche SuisseSecrets beteiligt; seine Artikel haben Compliance-Probleme bei der Credit Suisse offengelegt. «Auch andere Kollegen sind vorsichtig. Ich glaube nicht, dass die Schweizer Behörden mich festnehmen würden. Aber ich möchte einfach nicht riskieren, aufgehalten und befragt zu werden», sagte er gegenüber dem Tages-Anzeiger.
Gemäss Artikel 47 im Schweizer Bankengesetz droht Medienschaffenden bei der Veröffentlichung von Informationen aus geheimen Bankdokumenten ein Strafverfahren mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe. Ins Bewusstsein gerückt ist diese rechtliche Grundlage insbesondere aufgrund der SuisseSecrets, der kollektiven Recherche zu einem Credit-Suisse-Datenleck, an welcher über 160 Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt gearbeitet haben – mit Ausnahme der Schweiz.
Dieses Gesetz schreckt nun offenbar auch ausländische Journalistinnen und Journalisten ab, wie der Tages-Anzeiger letzte Woche publik gemacht hat. Einige namhafte und international renommierte Investigativjournalistinnen und -journalisten scheuen sich davor, Schweizer Boden zu betreten. «Dass damit Schweizer Redaktionen in ihrer Berichterstattung stark eingeschränkt sind und sich ausländische Medienschaffende sogar daran gehindert sehen, in die Schweiz einzureisen, ist eine nicht hinnehmbare Einschränkung der Pressefreiheit», warnt die Organisation Reporter ohne Grenzen Schweiz. Gemäss Tages-Anzeiger bestätigen mehrere Gutachten dieses rechtliche Risiko.
Bereits aktiv geworden ist offenbar die Bank Reyl: Nach einer kritischen Recherche über die Bank Reyl verschickten die von ihr mandatierten Anwälte den fünf Journalisten ein «angriffiges Schreiben», berichtet der Tages-Anzeiger. Die Anwälte seien von der Bank Reyl mandatiert worden, eine «Strafanzeige wegen Verletzung des Bankgeheimnisses» einzureichen.
Dass ausgerechnet bei diesem für die Schweiz enorm wichtigen Thema die Medien ihre demokratie-politische Aufgabe nicht erfüllen können, ohne dass ihnen strafrechtliche Konsequenzen drohen, ist unhaltbar. Die Bevölkerung hat ein Recht auf Information. investigativ.ch fordert deshalb eine klare gesetzliche Regelung: Journalistische Veröffentlichungen im öffentlichen Interesse dürfen nicht strafbar sein.