Stellungnahme: Wir fordern Zugang zum Transparenzregister
Journalistinnen und Journalisten brauchen Zugang zum geplanten Transparenzregister, um ihre Rolle wahrnehmen zu können. Dafür setzt sich der Verein investigativ.ch ein und hat deshalb an der Vernehmlassung zum entsprechenden Bundesgesetz teilgenommen.
Im Namen der Recherchejournalistinnen und -journalisten der Schweiz nehmen wir als Verein investigativ.ch im Vernehmlassungsverfahren zum Bundesgesetz über die Transparenz von juristischen Personen Stellung.
Wir begrüssen die Einführung eines zentralen, behördlich geführten Registers der wirtschaftlich berechtigten Personen, die internationalen Standards entspricht, sowie die neue Offenlegungspflichten für diejenigen Aktionärinnen und Aktionäre sowie für diejenigen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie Mitglieder des Verwaltungsrats vor, die auf Anweisung einer Drittperson handeln.
Allerdings möchten wir darauf hinweisen, dass aus unserer Sicht der vorliegende Entwurf einen entscheidenden Schwachpunkt aufweist. Mit der Vorlage soll gemäss Bundesrat die Transparenz betreffend die wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen erhöht und deren Identifikation erleichtert werden. Soll dieses Ziel der Transparenz wirklich erreicht werden, so braucht es aus unserer Sicht aber zwingend die Möglichkeit der Kontrolle von Medienschaffenden in ihrer demokratiepolitischen Rolle als Vierte Gewalt.
Die Erfahrung zeigt, dass Journalistinnen und Journalisten entsprechende Daten erfolgreich nutzen können, um Korruptions- und Geldwäschereifälle aufzudecken, die andernfalls unentdeckt bleiben würden. Aus dem Ausland sind zahlreiche Beispiele bekannt, in denen Medien einzeln oder gemeinsam dank Informationen aus den ihnen zugänglichen Registern Missstände und mutmassliche Verbrechen aufdecken konnten, die daraufhin Gegenstand von Strafverfahren wurden.
Bereits 2016 monierte Mark Branson, der ehemalige FINMA-Chef, die Banken würden einen Verdacht auf Geldwäscherei viel zu oft erst aufgrund von Recherchen durch Medien melden, anstatt laufend eigene Abklärungen zu machen. Ein Beispiel: So deckte ein internationales Konsortium investigativer Journalisten – darunter auch der Schweizer Zeitungen Tages-Anzeiger und die SonntagsZeitung – im Jahr 2015 auf, wie das Geldinstitut HSBC in Genf mit Steuerhinterziehern und anderen Kriminellen Geschäfte machte. Der Fall ging als «Swissleaks» in die Geschichte ein.
Seit der Änderung des Bankengesetzes, namentlich Art. 47, dürfen Schweizer Medienschaffende bei weiteren Enthüllungen betreffend Schweizer Banken jedoch nur noch zuschauen, denn: Bei der Veröffentlichung von geheimen Bankdokumenten riskieren sie ein Strafverfahren. Eindrücklich gezeigt hat sich das an der kollektiven Recherche «Suisse Secrets» zu einem Credit-Suisse-Datenleck, an welcher über 160 Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt gearbeitet haben – mit Ausnahme der Schweiz. Das Parlament hat erkannt, dass das problematisch ist und diskutiert derzeit eine Motion an den Bundesrat, wie Hürden abgebaut und die Pressefreiheit gewährleistet werden kann.
Gute und sichere Rahmenbedingungen für Recherchen sind für Medienschaffende grundlegend. Durch die Einschränkung des Zugriffs auf das Transparenzregister für die Öffentlichkeit und insbesondere für Journalistinnen und Journalisten wird der eigentliche Zweck des Registers, nämlich Transparenz zu schaffen, untergraben. Gerade in einem Land, in welchem demokratische Werte wie Transparenz und Öffentlichkeit eine wichtige Stellung haben, dürfen Journalistinnen und Journalisten in der Ausübung ihrer Funktion nicht gehindert werden. Auch widerspricht der vorliegende Entwurf des Art. 10 EMRK geschützten Interesse an einer informierten öffentlichen Debatte über Themen von öffentlichem Belang.
Dass gemäss erläuterndem Bericht der Zugang zum Register im Einzelfall aufgrund der Darlegung eines überwiegenden öffentlichen Interesses gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) ergeben werden kann, ist aus unserer Sicht ungenügend. Das BGÖ enthält zahlreiche Ausnahmeregelungen, die von den Betroffenen vorgebracht werden können und reichen von der Wahrung der ordnungsgemässen Durchführung spezifischer behördlicher Massnahmen, über die Berücksichtigung aussenpolitischer Interessen oder internationaler Beziehungen der Schweiz bis hin zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Wenn Betroffene sich auf diese Ausnahmen berufen, könnten sie den Zugang zum Register über Jahre hinweg blockieren, selbst wenn die Behörden ein öffentliches Interesse am Zugang anerkennen. Zudem ist es systemfremd, das Öffentlichkeitsgesetz in diesem Kontext anzuführen. Grundsätzlich verlangt das Öffentlichkeitsgesetz keine Begründung für den gewünschten Zugang.
Wir sind überzeugt, dass Medien zur Geldwäschereibekämpfung – gerade, was das Aufdecken von Finanzdelikten angeht – beitragen können. Dafür benötigen sie Zugriff zu offiziellen Informationen und Dokumenten.
Wir schlagen vor, Artikel 28 des Gesetzesentwurfs dahingehend zu modifizieren, dass der Zugang zum Register auf Anfrage von Individuen und Kollektiven, die ein nachweisbares Interesse haben – darunter Medienschaffende und Recherche-NGOs – gewährt wird.