investigativ.ch wehrt sich gegen geheime Medikamentenpreise

Gemeinsam mit einer breiten Allianz von Medienverbänden und -organisationen wehrt sich investigativ.ch gegen die geplante Schwächung des Öffentlichkeitsprinzips und der Transparenz der Verwaltung im Rahmen des Krankenversicherungsgesetzes.

Der Bundesrat will in der laufenden Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) in Artikel 52c das Öffentlichkeitsprinzip teils ausser Kraft setzen und die Transparenz schwächen. Konkret soll das Öffentlichkeitsgesetz nicht mehr gelten, wenn es um die Vereinbarung von Preismodellen und allfälligen Rückerstattungen geht.

Wirtschaftliche Interessen sind bereits geschützt

Eine breite Allianz von Medienverbänden und -organisationen (Öffentlichkeitsgesetz.ch, investigativ.ch, Verband Schweizer Medien, SRG SSR, TELESUISSE, Medien mit Zukunft, Reporter ohne Grenzen, Syndicom, SSM, MAZ) setzt sich für Transparenz und gegen diese Ausnahmebestimmung ein. Eine solche Ausnahmebestimmung untergräbt die Absicht des Öffentlichkeitsgesetzes (BGÖ), die Transparenz in der Verwaltung zu fördern und stellt einen nach jahrelangen Diskussionen erzielten politischen Konsens in Frage. Schaffen Bundesrat und Parlament hier einen Präzedenzfall, besteht die Gefahr, dass das BGÖ künftig von verschiedenen Interessengruppen angegriffen und schrittweise abgebaut wird.

In sorgfältig definierten Ausnahmekategorien, insbesondere in sicherheitspolitisch heiklen Bereichen, ist das Öffentlichkeitsgesetz heute nicht anwendbar. Keine der Ausnahmen betrifft gesundheitspolitische Themen. Eine Neuregelung würde der etablierten Rechtspraxis auf nationaler Ebene sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte widersprechen. Wirtschaftliche Interessen wie das Geschäftsgeheimnis sind im aktuellen Gesetz ausreichend geschützt.

Transparenz und öffentliche Kontrolle sind grundlegend für das Vertrauen

Angesichts der aktuellen Debatte um das Gesundheitssystem und seine wenig transparenten Kosten würde die Ausnahme der Medikamentenpreise vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes das öffentliche Misstrauen gegenüber dem Gesundheitssystem, der Pharmabranche und der Verwaltung verstärken. Nur mit Transparenz kann das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden gestärkt werden.

Das Öffentlichkeitsgesetz des Bundes ist ein wichtiges Recherchemittel für Medienschaffende, da es ihnen erlaubt, mit offiziellen Dokumenten Informationen zu verifizieren und Fakten zu publizieren. Seit 2016 hat sich die Zahl der journalistischen Beiträge, die mit einem Öffentlichkeitsgesetz des Bundes oder eines Kantons realisiert wurden, verfünffacht. Dabei wurden auch wichtige Dysfunktionen der Verwaltung aufgedeckt, wie beispielsweise die Korruptionsaffäre im Seco, Fehleinschätzungen der Corona-Taskforce zu Beginn der Pandemie im Februar 2020, die Hintergründe der Privatisierung der E-ID oder Mängel beim Sicherheitsfunknetz Polycom.

Zu unserem ausführlichen Argumentarium

Nachtrag: Nationalrat für Geheimhaltung
In der Herbstsession sprach sich der Nationalrat im Grundsatz für vertrauliche Preismodelle für hochpreisige Medikamente aus. Ein Minderheitsantrag hatte die Aufhebung von Art. 52 c gefordert, welche eine Einschränkung des Öffentlichkeitsprinzips vorsieht. Dieser Antrag wurde allerdings mit 110 gegen 78 Stimmen abgelehnt. Einen Kompromiss gab es aber: Eine unabhängige Stelle soll öffentlich über die Umsetzung der vertraulichen Preismodelle Bericht erstatten, um deren Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen, während einzelne Rückerstattungen vertraulich bleiben können. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.