Goldener Bremsklotz 2022 geht an BAG-Direktorin Anne Lévy

Die geschwärzten Impfstoffverträge sind nur ein Beispiel für verhinderten Zugang zu Informationen des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Deshalb hat das Recherche-Netzwerk investigativ.ch der BAG-Direktorin Anne Lévy den Goldenen Bremsklotz verliehen.

Dass die Öffentlichkeit in schwierigen Pandemie-Zeiten exakte Informationen braucht, um den Behörden zu vertrauen, sollte in einem demokratischen Staat wie der Schweiz eine Selbstverständlichkeit sein. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) setzte aber auf das Gegenteil: Während der Corona-Pandemie ging es fahrig mit dem Öffentlichkeitsgesetz um, schwärzte in den zögerlich herausgegebenen Dokumenten lieber zu viel als zu wenig und orientierte sich nicht an einer vom Öffentlichkeitsbeauftragten und Gerichten formulierten, guten Umsetzungspraxis.

Deshalb hat das Schweizer Recherche-Netzwerk investigativ.ch BAG-Direktorin Anne Lévy den Goldenen Bremsklotz 2022 verliehen. «Immer wieder blitzten Investigativjournalistinnen und
-journalisten beim BAG ab. Einige Medienschaffende warten seit über zwei Jahren auf entscheidende BAG-Dokumente zu Medikamentenpreisen», sagt Marc Meschenmoser, Co-Präsident von investigativ.ch.

Gerade die vom BAG grossflächig geschwärzten Impfstoffverträge haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Statt Transparenz zu schaffen, wie sie Medienschaffende, Parlamentarier und Parlamentarierinnen und Private eingefordert hatten, versorgte das BAG die Öffentlichkeit mit Seiten voller schwarzen Balken. Auch der Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger kritisierte die Art und Weise, wie das BAG die Transparenzbegehren von Medienschaffenden und eines Rechtsanwalts abfertigte.

Pauschal verwies das Amt auf Ausnahmebestimmungen im Gesetz und nahm sich nicht die Mühe, detaillierter darzulegen, inwiefern eine Offenlegung nachteilig sein und dem Gesetz widersprechen könnte. Zudem hatte die Bundesbehörde die betroffenen Unternehmen eineinhalb Jahre nach dem ersten Zugangsgesuch noch immer nicht angehört, so wie dies eigentlich vorgeschrieben wäre.

Zwei weitere Fälle zeigen das zwiespältige Verhältnis der Schweizer Gesundheitsbehörde mit der Öffentlichkeit: Im September 2021 bemühte sich das Konsumentenmagazin K-Tipp um Daten zum CO2-Gehalt in hundert vom Amt gemessenen Schulen. Neun Monate lang verweigerte das BAG den Zugang zu den schlechten Messergebnissen. Auch hier argumentierte das Amt mit einer (unzulässigen) Geheimhaltungsklausel, welche mit den Schulen abgeschlossen worden sei. Nachdem der K-Tipp die Arbeit des Amtes kritisiert hatte, erwog die Kommunikationsabteilung, die Publikation zu bestrafen, indem Anfragen der Zeitschrift «künftig weniger prioritär behandelt werden» – ein krasser Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Ebenfalls die Rechercheredaktion von K-Tipp/saldo verlangte gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz die Herausgabe von Dokumenten über Preismodelle und Rückvergütungen von Medikamenten. In einer Schlichtungsverhandlung stützte der Öffentlichkeitsbeauftragte im Juli 2022 diese Argumentation. Er empfahl, die Preise bekannt zu geben. Nun will das Departement von Bundesrat Alain Berset eine Geheimhaltung von Preisverhandlungen ins Gesetz schreiben. Noch bevor das Parlament darüber diskutiert hat, verhindert das Gesundheitsamt den Zugang zu diesen wichtigen Dokumenten und zwingt Medienschaffende aus politischen Gründen in den für Medien und Verwaltung aufwändigen Rechtsweg.

«Dabei muss die Öffentlichkeit beispielsweise Medikamentenpreise und die Genehmigungspraxis des Bundesamts für Gesundheit nachvollziehen und kontrollieren können. Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass die Kosten im Gesundheitswesen transparent sein müssen», so Meschenmoser.

«Wir kritisieren die mangelnde Transparenz beim Bundesamt für Gesundheit und bedauern, dass die Direktorin Anne Lévy sich nicht bereiterklärte, den Bremsklotz persönlich entgegenzunehmen und sich unseren Fragen zu stellen», sagte Marc Meschenmoser anlässlich der Preisverleihung am 21. November in Zürich.

Der Goldene Bremsklotz wurde deshalb ohne die Anwesenheit der Preisträgerin verliehen. In ihrer Stellungnahme liess Anne Lévy verlauten: «Wir erachten die in Ihrem Schreiben erhobenen Kritikpunkte als klar nicht zutreffend. So verweisen wir Sie gerne darauf, dass das BAG jederzeit, dem gerade während der Pandemiezeit sehr verständlichen Interesse der Öffentlichkeit und der Medienschaffenden durch eine transparenzfreundliche Praxis nachkam.»

Die Laudatio von Marc Meschenmoser, Co-Präsident von investigativ.ch

«Schmähpreis»

Seit 2014 verleiht das Recherche-Netzwerk investigativer Journalistinnen und Journalisten jedes Jahr einen Goldenen Bremsklotz als Schmähpreis an die grössten Informationsverhinderer. Mit dem Preis will investigativ.ch auf Informationsverhinderung hinweisen und zum Gegenstand der Debatte machen. Auch dieses Jahr hatte der Vorstand von investigativ.ch aus zahlreichen Vorschlägen drei Spitzenkandidaten ausgewählt. Auf die Shortlist geschafft haben es neben Anne Lévy auch der Direktor von Swisstransplant, Franz Immer, sowie der Schaffhauser Regierungsrat Walter Vogelsanger (detaillierte Nominierungen und Stellungsnahmen auf der Website). Die Mitglieder von investigativ.ch konnten anschliessend abstimmen, wer den Goldenen Bremsklotz 2022 verdient hatte.

Bisher erhalten haben die Auszeichnung der Ständerat Thomas Hefti, das Bundesamt für Landwirtschaft, der PR-Berater Sacha Wigdorovits, die damalige Nationalratspräsidentin Christa Markwalder, das Bundesstrafgericht, der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor, der Industrielle Jørgen Bodum sowie das Seco.

Rückblick auf die erste Swiss Tech Journalism Conference

Die von investigativ.ch und Republik organisierte Veranstaltung zu Techjournalismus stiess auf grosses Interesse – und zeigt, dieses Thema nimmt rasant an Wichtigkeit zu.

Fotos: Ⓒ Raphael Hünerfauth

Längst ist Techjournalismus kein Nischenthema mehr. Davon zeugte auch der gut gefüllte Saal oben im Käfigturm in der Bundeshauptstadt – das Polit-Forum Bern war nicht per Zufall als Location für die erste Swiss Tech Journalism Conference gewählt, denn was die von investigativ.ch und Republik organisierte Veranstaltung gleich zu Beginn zeigte: Techjournalismus hat sehr viel mit Politik zu tun.

Immer mehr digitalpolitische Sachgeschäfte dominieren beispielsweise die Agenda in Bundesbern – von eID über eVoting bis hin zur Covid-App. Adrienne Fichter – krankheitsbedingt via Zoom zugeschaltet – und Patrick Seemann (Republik/Blog «Das Netz Ist Politisch») gingen auf diesen Aspekt in ihrem gemeinsamen Einführungsreferat ein.

Blick hinter die (digitalen) Kulissen

Dass gerade bei der rasanten Entwicklung von digitalen Projekten auch die Medien als kritische Beobachter sehr gefragt sind, zeigte das anschliessende Werkstattgespräch mit der deutschen Journalistin Eva Wolfangel. Sie hatte in einer Artikelserie für DIE ZEIT die Luca-App – eine in Deutschland privat entwickelte Corona-Tracing-App – genauer angeschaut und Sicherheitslücken, Kommunikationstücken und fragwürdige Geschäftspraktiken der Macher aufgedeckt.

Für diese Recherche wurde sie mit dem Surveillance-Studies-Preis 2022 ausgezeichnet. Kürzlich erschien auch ihr Buch «Ein falscher Klick – Hackern auf der Spur: Warum der Cyberkrieg uns alle betrifft» mit spannenden (und realen!) Reportagen aus der Welt der Hacker.

Noch viel Potenzial in der Schweiz

Auch in der Schweiz gibt es viel Potenzial für investigative Techgeschichten, sagte der freie Journalist Mehdi Atmani aus Lausanne. Für die RTS hatte er in einer Dokserie die dunklen Seiten der Crypto AG aufgedeckt – noch bevor sie auch in der Deutschschweiz zum Thema wurden. Dass noch viele solcher Geschichten quasi brachliegen, nahm er als Anlass zum Aufruf an die Medienschaffenden, sich vom Thema Cybersicherheit nicht abschrecken zu lassen. Man müsse nicht programmieren können, um investigative Recherchen in der digitalen Welt anzugehen, sagte Mehdi Atmani.

Dem stimmte auch Hakan Tanriverdi vom Bayerischen Rundfunk zu. Er gab Einblick in seine Recherchen in der Welt der Hacker, denn spionieren diese Unternehmen oder Regierungen aus, dann hinterlassen sie fast immer auch digitale Spuren. Der deutsche Investigativjournalist zeigte Tricks und Tools, wie man den Betrügern auf die Schliche kommen kann. Auch er sagte: Programmieren muss man nicht können.

Dass Medienschaffende eine wichtige Kontrollfunktion bei neuen digitalen Projekten haben – seien es private oder staatliche Initiativen – liess auch Jens Kaessner durchblicken. Der stellvertretende Leiter Telecomrecht beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) sprach im Q & A mit Timo Grossenbacher von investigativ.ch über die Hintergründe von Digitalisierung, IT und Gesellschaft.

Vernetzung über die Redaktionsgrenzen hinweg

Das Recherche-Netzwerk investigativ.ch und das Online-Magazin Republik ziehen eine positive Bilanz der ersten Swiss Tech Journalism Conference. Das Interesse war gross – interessanterweise nicht nur von Seiten der Medienschaffenden, sondern auch von engagierten Informatikern und anderen Personen aus der IT-Branche. Die interessanten Diskussionen wurden beim anschliessenden Apéro weitergeführt.

Die durch Simultanübersetzung zweisprachig durchgeführte Veranstaltung wurde von der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung finanziell unterstützt. Timo Grossenbacher, Vorstandsmitglied von investigativ.ch und Leiter Automated Journalism bei Tamedia, führte durch den Abend.

Kampf gegen SLAPP

Am 11. Mai 2022 hat der Nationalrat Raphaël Mahaim (Grüne) die Parlamentarische Initiative “Strategische Gerichtsverfahren gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit in der Schweiz. Für einen besseren Schutz der Medienfreiheit” eingereicht.

Die Parlamentarische Initiative möchte eine gesetzliche Grundlage schaffen, um in der Schweiz das Vorgehen gegen SLAPP besser zu regeln. Damit werden das Recht der Bevölkerung auf Information und die Pressefreiheit in der Schweiz massgeblich geschützt und gestärkt.

Eine breite Allianz der Schweizer Medienlandschaft – darunter investigativ.ch – unterstützt das Anliegen von Nationalrat Mahaim und setzt sich grundsätzlich für einen besseren Schutz vor sogenannten “SLAPP” (strategic lawsuits against public participation) ein.

Was sind SLAPP?

Strategische Gerichtsverfahren gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit (Abk. engl. SLAPP) sind Klagen, mit denen Medienschaffende, Verlage oder gemeinnützige Organisationen systematisch eingeschüchtert und bis hin zur faktischen Selbstzensur gedrängt werden sollen. Solche Klagen werden auch eingereicht, wenn sie keine Chance auf Erfolg vor dem Gericht haben. Dennoch zwingen sie die beklagten Medien oder NGOs, die juristische Verteidigung zu finanzieren.

Es ist eine Tatsache, dass aufgrund der Rechtslage in der Schweiz – durch die jüngste Revision des ZPO-Artikels 266 in Zukunft aus Sicht der Medien noch verschärft – solche SLAPP auch hierzulande möglich sind und zunehmen werden. Es besteht konkret die Gefahr, dass “Medienschaffende nach der Androhung drastischer rechtlicher Konsequenzen sich genau überlegen, ob sie erneut über den Kläger berichten” (s. Artikel in der Medienwoche).

Dass SLAPP auch in der Schweiz ein Problem sind, zeigt der “Nationale Aktionsplan für die Sicherheit von Medienschaffenden in der Schweiz” (NAP), den das Bundesamt für Kommunikation dieses Jahr ins Leben gerufen hat. Eines der zentralen Themen dort sind solche missbräuchlichen Klagen und die Frage, wie man den Journalismus davor schützen kann.

SLAPP sind insbesondere für kleinere Verlage ein grosses Problem

Wenn das Instrument von Klagen gegen Medien strategisch und missbräuchlich eingesetzt wird, kann es die demokratierelevante, investigative Arbeit der Redaktionen stark beeinträchtigen oder gar verhindern. Während sich grössere Medienunternehmen mit teilweise eigenen Rechtsdiensten noch eher wehren können, sind vor allem kleinere und mittlere Verlage oftmals dem Klagenden ausgesetzt. Der zeitliche und finanzielle Aufwand, sich gerichtlich mit der Klage auseinanderzusetzen, ist hoch und oft nicht tragbar. Ein besserer

Schutz vor SLAPP verhindert, dass mächtige und ressourcenstarke Akteure ein Powerplay gegen einzelne Medien auffahren und damit unliebsame Berichte verhindern. Diese Tatsache widerspricht dem Grundsatz der Pressefreiheit in der Schweiz massiv. Beispiele von Medien, denen genau dies widerfahren ist, gibt es zahlreiche: Gotham City und Vigousse in der Romandie oder die Schaffhauser AZ in der Deutschschweiz beispielsweise wurden durch missbräuchliche Klagen in der Ausübung der journalistischen Tätigkeit spürbar behindert.

Massnahmen gegen SLAPP sind umsetzbar

Nicht nur in der Schweiz sind SLAPP zunehmend ein Problem. Die EU hat sich der Thematik bereits angenommen und im April 2022 einen Entwurf zur neuen Richtlinie veröffentlicht. Die Richtlinie soll es den Gerichten ermöglichen, offensichtlich grundlos angestrebte Verfahren gegen Journalistinnen und Journalisten und Personen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, rasch zurückzuweisen. Sie sieht ausserdem eine Reihe von Verfahrensgarantien und Rechtsmitteln vor, darunter Schadenersatz und abschreckende Sanktionen gegen missbräuchliche Klagen. Auch in vielen anderen Staaten, insbesondere in den USA, gibt es Gesetze, die die negativen Auswirkungen von SLAPP begrenzen sollen. Die Schweiz kann sich in der Lösung des Problems also an den globalen Entwicklungen orientieren.

Zivilprozessordnung: Eine Ausweitung der Problematik

Es kommt hinzu, dass mit der kürzlich verabschiedeten Revision von Artikel 266 in der Zivilprozessordnung (Gesamtrevision läuft noch) die Pressefreiheit in der Schweiz stärker eingeschränkt wurde. Die Hürden für superprovisorische Massnahmen, also potenziell auch für missbräuchliche Klagen, wurden gelockert. Im internationalen Pressefreiheit-Ranking von Reporter ohne Grenzen ist die Schweiz auf Rang 14 abgerutscht, dazu trägt etwa auch Artikel 47 im Bankengesetz bei. Und jüngst wurde publik, dass der Quellenschutz im Nachrichtendienstgesetz aufgeweicht werden soll.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Medienschaffenden in der Schweiz sind keinesfalls optimal. Mit dem Vorstoss von Nationalrat Mahaim, der sich als Jurist in seinem beruflichen Alltag mit SLAPP beschäftigt und die Thematik sehr gut kennt, liegt ein besonders dringliches Anliegen auf dem Tisch. Hier besteht die Möglichkeit, insbesondere die kleineren Medienunternehmen oder Freischaffende stärker zu schützen.

Dieser Text stammt von der gemeinsamen unterschriebenen und an die ParlamentarierInnen verschickte Stellungnahme der Medienallianz von u.A. investigativ.ch, Schweizer Medien, Verband Medien mit Zukunft, Schweizer Presserat, SRG SSR, syndicom, impressum, SSM, Reporters Sans Frontières, Öffentlichkeitsgesetz.ch, u.v.m.

Goldener Bremsklotz 2022: Die Nominierten!

Wer soll den Goldenen Bremsklotz 2022 für die grösste Informationsverhinderung des Jahres erhalten? Wie jedes Jahr hat der Vorstand von investigativ.ch aus euren zahlreichen Vorschlägen drei Spitzenkandidaten ausgewählt.

  • Fall Geschwärzte Impfstoffverträge: Die Direktorin des BAG Anne Lévy
  • Fall Datenschutzleck bei Organspenderegister: Der Direktor von Swisstransplant, Franz Immer
  • Fall Diskreditierung von Recherchen: Der Schaffhauser Regierungsrat Walter Vogelsanger

Abstimmen können alle Mitglieder von investigativ.ch. Sie haben ein entsprechendes Mail erhalten.

Die geschwärzten Verträge des BAG

Die geschwärzten Impfverträge des Bundesamts für Gesundheit (BAG) dürften allen präsent sein: Statt Transparenz zu schaffen, wie sie Medienschaffende, Parlamentarier und Parlamentarierinnen und Private eingefordert hatten, versorgte das BAG die Öffentlichkeit mit Seiten voller schwarzen Balken. Pauschal begründet – und nicht wie von der Rechtsprechung verlangt detailliert – verwies das BAG auf Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse der Hersteller. Weder der Kaufpreis einer Impfdosis noch Hinweise zu Vertrags- und Haftungsbedingungen waren den Dokumenten zu entnehmen. Der Vorwurf, den sich das BAG im Fall der Impfstoffverträge gefallen lassen muss: Es geht fahrig mit dem Öffentlichkeitsgesetz um, schwärzt lieber zu viel (als zu wenig) und orientiert sich nicht an einer vom Öffentlichkeitsbeauftragten und Gerichten formulierten, guten Umsetzungspraxis.

Die Antwort der Direktorin des BAG

«Wir erachten die in Ihrem Schreiben erhobenen Kritikpunkte als klar nicht zutreffend.
So verweisen wir Sie gerne darauf, dass das BAG jederzeit, dem gerade während der Pandemiezeit sehr verständlichen Interesse der Öffentlichkeit und der Medienschaffenden durch eine transparenz-freundliche Praxis nachkam. So gingen beispielsweise im Jahr 2021 beim BAG zahlreiche Einsichtsgesuche nach BGÖ ein, wovon alleine 217 Corona-relevante Dokumente betrafen (vgl. hierzu die Statistik im Jahresbericht 2021 des EDÖB). Lediglich bei zwei (sic!) Gesuchen konnte der Zugang nicht gewährt werden, während bei 82 Gesuchen die nachgefragten Dokumente vollständig offengelegt werden konnten. Bei weiteren 93 Gesuchen konnten die einverlangten Dokumente mit gewissen Abdeckungen oder zu einem späteren Zeitpunkt zugänglich gemacht werden. Die restlichen Dokumente waren noch pendent bzw. wurden zurückgezogen. Zudem hat das BAG die häufig nachgefragten Protokolle der Taskforce und anderes mehr stets proaktiv auf seiner Website zugänglich und damit für die interessierte Öffentlichkeit nachvollzieh-bar gemacht. […]»

Ausführliche Nomination und Stellungnahme BAG

Das Datenschutzleck bei Swisstransplant

Im Nationalen Organspenderegister von Swisstransplant sollen Personen ihren Willen zentral festhalten können, damit Ärzte entsprechend handeln können. Es sind sensible Daten in einer Datenbank, die allerdings gravierende Sicherheitsmängel aufwies. Dies zeigten Recherchen von SRF Investigativ anfangs Jahr. Nachdem SRF Swisstransplant eine Woche vor Publikation mit der Recherche konfrontierte, schaltete diese zwar umgehend die Möglichkeit einer Anmeldung ab – mit dem Verweis auf «Vorwürfe» durch SRF. Doch kurz vor der Publikation informierte Direktor Franz Immer SRF, das Register wieder online zu schalten. Zudem kritisierte er die Recherche-Methoden als potential strafbar. Direktor Immer setzte dabei auf die jahrhundertealte Strategie des «Shooting the messenger». Er versuchte, die Arbeit des Investigativ-Journalisten zu kriminalisieren und die allfälligen negativen Folgen des Missstands dem Journalismus in die Schuhe zu schieben. Der Fall Swisstransplant ist ein besonders stossendes Beispiel dafür, dass Verantwortliche vermehrt Aufwand betreiben, Recherchen zu diskreditieren, statt das Problem zu beheben.

Die Antwort des Direktors von Swisstransplant

«Danke für die Nomination für den Goldenen Bremsklotz, dessen Annahme wir keinesfalls ausschlagen würden. Der Bremsklotz als solcher ist ein Element der Sicherheit. Er stabilisiert eine Fuhre, die ausser Kontrolle zu geraten droht und wandelt kinetische Energie in Wärme um. Und damit ist die Situation bei Swisstransplant nahezu punktgenau getroffen.

Es freut uns, nimmt man die Arbeit von Swisstransplant so wahr, dass wir uns keinen Kontrollverlust leisten wollen. Verantwortungsbewusstes Handeln ist immer eines, das die Möglichkeit bietet, innert Kürze reagieren und stabilisieren zu können. Denn in unserer Verantwortung liegt es, Menschen in Ausnahmesituationen Struktur und Halt zu bieten. Menschliche Wärme ist zentrales Element unserer Arbeit, denn es geht hier um das Wichtigste überhaupt: Das Leben als solches und das Vertrauen darin, dass eine Organspende-Karte Sinn stiftet und Leben rettet.»

Ausführliche Nomination und Stellungnahme Swisstransplant

Missstände in Schaffhauser Heim

Eklatante Missstände im Heim «Hand in Hand» in Hemmental bei Schaffhausen waren dem Gesundheitsamt seit mindestens 2018 bekannt, wie Recherchen der Schaffhauser AZ aufzeigten: mangelnde Hygiene, verweigerte Pflegeleistungen, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch durch die Leitung auch während deren Arbeitsschichten. Im Zuge der Recherchen der Schaffhauser AZ waren für Regierungsrat Walter Vogelsanger aber nie die Missstände im Heim das Problem, sondern die Recherchen selber. Als Walter Vogelsanger an einer Sitzung der Gesundheitskommission kritische Fragen beantworten musste, diskreditierte er die Recherchen der AZ: Er finde es «erschreckend, wie schlecht der Artikel in der AZ geschrieben war und wie offen die Bevölkerung für Skandalisierung ist». Für genau diesen Artikel gewann Mattias Greuter den ersten Platz beim Swiss Press Award in der Kategorie Text und wurde Swiss Press Journalist of the Year 2022.

Die Antwort von Regierungsrat Walter Vogelsanger: Walter Vogelsanger hat nicht geantwortet.

Ausführliche Nomination des Regierungsrates

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Der Zensurartikel im Bankengesetz gehört abgeschafft

Die Uno-Sonderberichterstatterin Irene Khan trifft am 1. November verschiedene Akteure der Medienbranche – unter anderem Mitglieder von investigativ.ch –, um über den Zensurartikel im Schweizer Bankengesetz zu diskutieren. investigativ.ch fordert eine Gesetzesänderung.

Am 1. November stattet die Uno-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit, Irene Khan, der Schweiz einen offiziellen Besuch ab. Grund ist Art. 47 des Schweizer Bankengesetzes, denn: Bei der Veröffentlichung von geheimen Bankdokumenten riskieren Schweizer Medienschaffende ein Strafverfahren. Dies beanstandet Irene Khan: Es verstosse gegen die Menschenrechte und verletzte die Pressefreiheit.

In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger im Mai sagte Irene Khan: «Das Schweizer Bankengesetz ist ein Beispiel für die Kriminalisierung von Journalismus. Das ist normalerweise ein Problem in autoritären Staaten.» Der pauschale Schutz des Bankgeheimnisses im Schweizer Gesetz verstosse gegen Artikel 19 des UNO-Zivilpakts und gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die die Meinungs- und Pressefreiheit garantieren. Die Schweiz hat beides unterschrieben und ist daher verpflichtet, sich daran zu halten.

In ihrem Brief an den Bundesrat im März unterstrich Irene Khan zudem, dass Banken Daten weitergeben dürfen, wenn ein überwiegendes Interesse besteht. So konnte etwa die Bank UBS im Februar 2009 Kundendaten an die amerikanischen Behörden weitergeben. Irene Khan kritisiert, dass diese Ausnahmeregelung im Falle eines öffentlichen Interesses für Medien oder Whistleblower nicht gelte.

Schweiz steht am Pranger

Weil aufgrund dieses Gesetzes Schweizer Medienschaffenden nicht an der Kollektivrecherche «SuisseSecrets» zu einem Credit-Suisse-Datenleck berichten konnten, steht die Schweiz seither in der internationalen Kritik. Gemäss Oliver Zihlmann, Co-Leiter des Rechercheteams von Tamedia, habe seine Redaktion wegen dieses Gesetzes auf die Mitarbeit bei den Credit-Suisse-Daten verzichtet.

Gegenüber Persönlich.com führte er aus: «Wenn eine grosse Menge an Bankdaten aus der Schweiz an uns herangetragen wird, die wahrscheinlich mit einer illegalen Bankgeheimnisverletzung nach aussen gelangte, dann ist das Risiko extrem gross, dass uns ein Staatsanwalt anklagt und es auch zu einer strafrechtlichen Verurteilung der beteiligten Journalisten kommt.»

Auch wenn bisher in der Schweiz kein Fall bekannt ist, in dem Medienschaffende auf der Grundlage solcher Bestimmungen angeklagt wurden: Dieser Artikel führt zu Selbstzensur – ein klarer Verstoss gegen das Recht auf freie Meinungsäusserung. Für Oliver Zihlmann geht das Problem noch sehr viel weiter: «Wenn ich die Daten meiner Kollegin am anderen Tischende übergebe, auch ohne diese überhaupt angeschaut zu haben, breche ich bereits das Gesetz. Dieser Paragraf ist also nicht nur ein Publikationsverbot, sondern auch ein Rechercheverbot.»

Das Recherche-Netzwerk investigativ.ch fordert eine Gesetzesänderung: Diese Einschränkung der Pressefreiheit und des investigativen Recherchejournalismus muss abgeschafft werden. Marc Meschenmoser, Co-Präsident von investigativ.ch, sagt: «Gerichte sollten sich in ihrer Beurteilung künftig darauf abstützen können, dass ein höheres öffentliches Interesse überwiegt – auch wenn investigative Journalistinnen und Journalisten Bankauszüge publizieren.»

Derzeit wird das Gesetz im Parlament geprüft. Der Bundesrat hatte sich in einem Antwortschreiben an die UN-Sonderberichterstatterin zur Meinungsfreiheit bekannt.

Nachrichtendienstgesetz: Gegen die Beeinträchtigung des Quellenschutzes

Der Verein investigativ.ch wehrt sich in einer gemeinsamen Stellungnahme mit anderen Medienverbänden gegen die Revision des Nachrichtendienstgesetzes.

Dem Nachrichtendienst des Bundes ist es gemäss heutiger Rechtslage verboten, Medienschaffende und/oder deren Hilfspersonen gezielt als sogenannte Drittpersonen zu überwachen. Dieses Verbot will die laufende Revision nun aufheben.

Genauer gesagt soll im Nachrichtendienstgesetz («NDG») der bestehende Art. 28 Abs. 2 des Nachrichtendienstgesetzes gestrichen werden, welcher vorsieht, dass «Drittpersonen», die nach Art. 171-173 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht besitzen (darunter Medienschaffende, aber auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Medizinalpersonen oder Geistliche), überwacht werden können.

Das Schweizer Recherche-Netzwerk investigativ.ch wehrt sich gemeinsam mit zentralen Akteuren der Medienbranche gegen diese geplante Beeinträchtigung des Quellenschutzes und der Schwächung der Pressefreiheit. In einer gemeinsamen Stellungnahme betonen sie, dass den Medienschaffenden zur Wahrnehmung ihrer demokratierelevanten Funktion keine unverhältnismässigen Hürden in den Weg gestellt werden dürfen.

Auch mehrere Berufsverbände wie der Schweizerische Anwaltsverband und der Ärzteverband FHM fürchten um das Berufsgeheimnis und wehren sich mit Vernehmlassungsantworten.

Öffentlichkeitsgesetz: Ausnahmegebühren gehören ins Gesetz

In der Herbstsession befasst sich der Ständerat am 12. September erneut mit der Gebührenregelung im Öffentlichkeitsgesetz (16.432). Nun geht es um die Differenzbereinigung. Der Verein investigativ.ch fordert den Ständerat auf, dem Nationalrat statt der Kommission zu folgen und der Verankerung eines Höchstbetrags für ausserordentliche Gebühren im Gesetz zuzustimmen.

Uns ist es ein Anliegen, dass dieser Höchstbetrag für Gebühren in Ausnahmefällen in einem gesetzlichen Rahmen festgelegt wird. Verordnungen werden schneller geändert als ein Gesetz, und es ist zu befürchten, dass der Bundesrat bzw. die Verwaltung in seiner Verordnung eine Hintertür zu höheren Gebühren öffnet, die Recherchen absichtlich verhindern könnten – schliesslich ist das Ziel des Geschäfts 16.432 mit der Gebührenbefreiung (zu dessen Prinzip Sie sich im Dezember bekannt haben), dass der Zugang zu Verwaltungsdokumenten nicht behindert wird.

In seiner jetzigen Form schützt der Gesetzesentwurf die Verwaltung bereits vor überzogenen Gesuchen, die keinem öffentlichen Interesse dienen. Für den Schweizer Qualitätsjournalismus ist es von entscheidender Bedeutung, dass das Gesetz nicht zu einer Farce wird, indem es der Verwaltung erlaubt, auf dem Verordnungsweg abschreckend hohe Gebühren zu verlangen, wie das in der Vergangenheit mehrmals geschehen ist.

Das Bundesgericht hielt 2013 in einem Entscheid fest, dass selbst eine geringe Gebühr von wenigen Hundert Franken abschreckend wirkt und Transparenz verhindert. Dies gilt insbesondere für regionale Medien, die nicht zu grossen Medienhäusern gehören. In den letzten drei Jahren beliefen sich die durchschnittlich verlangten Gebühren jedoch auf fast 650 Franken pro Anfrage, was für die Redaktionen bereits eine beträchtliche Summe ist.

Weil im gleichen Zeitraum die geforderte Summe mehrmals 3000 Franken überstieg, ist es unerlässlich, eine Obergrenze von 2000 Franken für Ausnahmefälle im Gesetz zu verankern. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) hat sich in seiner Stellungnahme für eine Verankerung einer Maximalgebühr im Gesetz ausgesprochen. Auch der Nationalrat hat diesem Vorgehen mit einer klaren Mehrheit zugestimmt.

Wir sind überzeugt, dass die Maximalgebühr für Ausnahmefälle dem Willen der Gesetzgeber entspricht, um die gute Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes zu garantieren.


Nachtrag: Am 12. September 2022 hat sich der Ständerat mit der Gebührenregelung befasst. Der Rat folgte diskussionslos seiner Kommission, die entgegen der Empfehlung des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) und der Forderung des Nationalrats den Höchstbetrag von 2000 Franken für ausserordentliche Gebühren nicht im Gesetz festhalten wollte. Bundesrätin Karin Keller-Sutter verwies auf die steigende Zahl von Zugangsgesuchen. Darunter habe es auch sehr aufwändige, bei denen die Erhebung einer Gebühr gerechtfertigt sei. investigativ.ch und Öffentlichkeitsgesetz.ch hatten sich im Vorfeld der Debatte in einer Stellungnahme an den Ständerat für die Verankerung einer Gebührenobergrenze im Gesetz ausgesprochen, um zu verhindern, dass das Gesetz zu einer Farce wird, indem es der Verwaltung erlaubt, auf dem Verordnungsweg abschreckend hohe Gebühren zu verlangen. Das Geschäft geht nun zurück an den Nationalrat.

Wir suchen KandidatInnen für den Goldenen Bremsklotz 2022

Es ist wieder so weit: Wir suchen Kandidatinnen und Kandidaten für unseren Goldenen Bremsklotz! Der Schmähpreis, den das Recherchenetzwerk investigativ.ch seit 2014 verleiht, zeichnet die grössten Informationsverhinderer Schmähpreis aus. Ihr kennt es aus eurem Alltag: Pressestellen, PR-Berater und Behörden finden regelmässig einen Grund, warum es gerade nicht möglich sei zu informieren. Meist sind die Absagen freundlich. Manchmal wird schamlos gelogen. Und gelegentlich wird es total absurd. Dann folgt der Hinweis, dass die Bearbeitung dieses Einsichtsgesuches eine Gebührenrechnung von über 100’000 Franken zur Folge hätte. Reicht jetzt eure besten Kandidatinnen und Kandidaten ein – ein Mail mit einer kurzen Begründung an kontakt(at)investigativ.ch genügt.

Der Vorstand stellt daraus eine Shortlist zusammen, über welche ihr abstimmen könnt.

Am 21. September findet in Zürich die Verleihung inkl. Podiumsdiskussion zum entsprechenden Thema sowie anschliessendem Apéro statt. Die Veranstaltung ist selbstverständlich kostenlos und soll auch unser Netzwerk stärken sowie Licht auf Hindernisse in unserem Arbeitsalltag werfen.

Wir freuen uns auf eure Nominationen!

Rede von Marc Meschenmoser zu Julian Assange

Zur Freilassung von Julian Assange wurde am 22. Juni 2022 anlässlich einer Pressekonferenz des Schweizer Presseclubs in Genf ein Aufruf veröffentlicht. Unser Co-Präsident Marc Meschenmoser hielt dort eine Rede über die Bedeutung des investigativem Journalismus.

(übersetzt aus dem Französischen)

Guten Tag.

Vielen Dank an Pierre Ruetschi und den Schweizer Presseclub, dass Sie mir die Möglichkeit geben, ein paar Worte zur Situation der investigativen Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz zu sagen.

In letzter Zeit hat der investigative Journalismus in der Schweiz einen Boom erlebt. Das Recherche-Netzwerk investigativ.ch, deren Vereins-Co-Präsident ich bin, zählt heute über 300 Mitglieder – Tendenz steigend.

Der Recherchedesk von Tamedia war einer der ersten, der in der Schweiz ins Leben gerufen wurde. Er veröffentlicht regelmässig Scoops, zusammen mit Le Matin Dimanche in der Romandie, beispielsweise zu den Panama Papers dank ihrer Verbindungen zu internationalen Netzwerken oder auf nationaler Ebene zur Misshandlung von Arbeitern in den Schweizer Weinbergen; eine Recherche, die vergangenen Sonntag erschienen ist.

Ich selbst konnte eine Rechercheredaktion mit 14 Stellen für die Konsumentenmagazine K-Tipp und saldo aufbauen. Und dank des Öffentlichkeitsgesetzes des Bundes konnten wir mehr als einmal Verträge oder Missstände in der Schweizer Politik aufdecken.

Das Schweizer Fernsehen SRF hat im vergangenen Herbst ebenfalls ein Investigativdesk eingerichtet, so wie auch schon RTS.

Wir spüren auch den Willen der Verleger bei Médias Suisse, in unser gutes Funktionieren als vierte Gewalt zu investieren, um dort Licht ins Dunkel zu bringen, wo es die Mächtigen in Wirtschaft und Politik nicht wollen.

Also alles bestens?

Weit entfernt.

Wissen Sie, wo sich die grösste Redaktion der Schweiz befindet?

In Bern. Dank des Öffentlichkeitsgesetzes konnte der K-Tipp im letzten Jahr die Anzahl der Angestellten herausfinden, die sich um die Kommunikation der verschiedenen Departemente des Bundes kümmern: über 500!

In der gesamten internationalen Presse war zudem zu lesen, dass einige Schweizer Anwälte und Banker ihren Kunden geholfen haben, Steuern zu vermeiden oder sogar Geld zu waschen. Schweizer Journalistinnen und Journalisten konnten diese «Suisse Secrets» nicht selbst recherchieren oder veröffentlichen, da ihnen aufgrund eines Bankengesetzes, das die Weitergabe von Bankdaten verbietet, eine Gefängnisstrafe gedroht hätte.

Das Bundesparlament in Bern hat das Gesetz im Mai noch verschärft: Richter können nun die Veröffentlichung eines Artikels verbieten, ohne dass die Anschuldigung inhaltlich geprüft wird. Dies gibt dem zuständigen örtlichen Richter viel mehr Macht und wird sicherlich einige Recherchen verhindern.

Um Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen, braucht es Whistleblower. Doch das Parlament hat die Schaffung eines Gesetzes, das ihnen in der Schweiz einen Mindestschutz gewähren würde, mehrfach abgelehnt.

Erst diese Woche zeigte eine Untersuchung des Tessiner Fernsehens RSI, dass in letzter Zeit fünf Whistleblower bei den Vereinten Nationen in Genf entlassen wurden.

Aber vielleicht ist all dies erwünscht. Und nicht nur in der Schweiz.

Das einzige «Verbrechen» von Julian Assange besteht darin, dass er Kriegsverbrechen und andere Informationen, die die Behörden verbergen wollten, aufgedeckt hat. Er hat als investigativer Journalist hervorragende Arbeit geleistet. Der Kampf von Julian Assange ist unser aller Kampf: Der Angriff auf Assange ist ein Angriff auf den investigativen Journalismus.

Lassen Sie Julian Assange frei. Free Assange.